Im Mai 2011 wird Osama Bin Laden von einer US-Sondereinheit in Pakistan getötet. Seither besitzt die Terrororganisation Al-Qaida wohl keine zentral gesteuerte Hierarchie mehr. Die Ideen und Methoden des Netzwerks aber haben sich weltweit verselbstständigt. Jeder islamistische Terrorist kann sich heute auf Al-Qaida berufen.
Der Name Al-Qaida entsteht in den 1980er Jahren in Afghanistan unter den arabischen Freiwilligen im Kampf gegen die sowjetische Besetzung. "Ein Bruder hat eines der Lager in Afghanistan aufgebaut, wo junge Männer für den Kampf trainiert wurden", erklärt Osama Bin Laden. "Ohne Hintergedanken nannte er damals diesen Ort Al-Qaida, eine Trainingsbasis. Später hat sich der Name eingebürgert."
"Eine tiefe Kränkung"
Über die Gründungsphase von Al-Qaida gibt es zunächst nur Vermutungen. Im März 2002 findet die bosnische Polizei bei einer Razzia in den Büros einer islamistischen Unterstützerorganisation in Sarajewo Unterlagen, die offenbar aus dem innersten Kreis des Netzwerks stammen. Darunter ist ein Protokoll über ein Treffen von Bin Laden mit Afghanistan-Veteranen am 11. August 1988 in Peschawar. Darin taucht die Bezeichnung Al-Qaida auf. Dieser Tag gilt heute als Gründungsdatum der Terrororganisation. Bin Laden schwört seine Vertrauten auf spätere Aufgaben ein.
Im Jahr darauf geht der Sohn einer reichen Bauunternehmer-Familie nach Saudi-Arabien, wo er aufgewachsen ist. Dort erlebt er 1990 den Überfall des Irak auf Kuwait. Die Saudis befürchten, der irakische Diktator Saddam Hussein wolle sein Territorium noch weiter ausdehnen und holen US-Truppen zu Hilfe. Für Bin Laden sei dies "eine tiefe Kränkung" gewesen, sagt der "Zeit"-Journalist Yassin Musharbash, dass "das Mutterland des Islam, der heiligste Ort der islamischen Welt, es nötig hat, sich von Amerikanern schützen zu lassen." Zurück in Afghanistan sucht Bin Laden 1996 die offene Konfrontation. Im August des Jahres erhalten einige arabische Zeitungen ein Fax von ihm aus dem Hindukusch. Der Titel lautet: "Erklärung des Heiligen Krieges gegen die Amerikaner".
Anschlag auf das World Trade Center
Der Doppelanschlag 1998 auf die US-Botschaften in Daressalam und Nairobi ist vermutlich der erste Anschlag im direkten Auftrag von Bin Laden. Die Zentrale von Al-Qaida steht in Afghanistan unter dem Schutz der Taliban. Die Infrastruktur, die die Terrororganisation dort aufgebaut hat, ermöglicht es, den bisher verheerendsten Terroranschlag der Geschichte zu planen: Am 11. September rasen zwei entführte Passagierflugzeuge ins World Trade Center in New York. Rund 3.000 Menschen sterben. In einem Interview mit dem arabischen Fernsehsender Al Dschasira räumt Bin Laden seine Beteiligung ein. Im Oktober 2001 beseitigen die USA das Taliban-Regime in Afghanistan. Bin Laden befiehlt seinen Leuten, in ihre jeweiligen Heimatländer zu gehen und dort weiterzukämpfen, weil es in Afghanistan zu gefährlich sei.
Djerba und Bali 2002, Istanbul 2003, Madrid 2004, London 2005 und immer wieder Irak, Afghanistan und Pakistan: die Liste der islamistischen Terroranschläge nach dem 11. September ist lang. Doch eine direkte Beteiligung Bin Ladens ist bei kaum einer Aktion nachweisbar. Auch zu anderen Al-Qaida-Führungspersonen wird die Verbindung im Laufe der Jahre immer lockerer. Zu Beginn sei Al-Qaida eine Kaderorganisation gewesen, sagt der Experte Musharbash. "Dann war es ein Netzwerk und jetzt ist es in einer neuen Phase, der Grad der Kontrolle durch die Zentrale ist extrem gering." Die Idee lebe aber weiter - "auch wenn Al-Qaida das Copyright nicht mehr in demselben Maße beansprucht."
Stand: 11.08.2013
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. August 2013 ebenfalls an das erste Treffen zur Gründung von Al-Qaida. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.