Günstiger Preis, leichte Karosserie, sparsamer Verbrauch - nach dem Zweiten Weltkrieg boomen in Europa die Kleinwagen. Im kapitalistischen Westen sind die französische "Ente" und der bundesdeutsche "Käfer" erfolgreich. In der sozialistischen DDR wird ein paar Jahre später der "Trabant" produziert. Im Wettstreit um das bessere Wirtschaftsmodell hat Generalsekretär Walter Ulbricht 1957 auf dem fünften SED-Parteitag die Devise ausgegeben "überholen, ohne einzuholen".
Gebaut wird der "Trabant" in Zwickau im südwestlichen Sachsen. Dort hatte Automobilkonstrukteur August Horch 1904 seine erste Firma, die Horch-Werke, gegründet. Sechs Jahre später gründete er in der gleichen Stadt mit Audi seine zweite Firma. 1948 sind beide Unternehmen enteignet und in Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt worden.
Schäden selbst kleben
Am 1. Mai 1958 - am Internationalen Kampf- und Feiertag der Werktätigen, wie es in der DDR heißt - werden beide Werke zusammengelegt. Es entsteht der "VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau". Der "Trabant", den es bislang nur in einer sogenannten Null-Serie gibt, läuft fortan hier vom Band.
"Der Wagen für moderne Menschen" - wie der "Trabant" in der DDR-Werbung heißt - ist bei den DDR-Bürgern begehrt. Die Lieferzeit beträgt bald rund zwölf Jahre. Das Auto ist ungewöhnlich: Die Plastikverkleidung der Karosserie besteht aus sogenanntem Duroplast - "ein textilverstärktes Phenol- beziehungsweise Kresolharzprodukt". Im mitgelieferten Reparatur-Handbuch lobt der Hersteller den Werkstoff: "Vollkommene Witterungsbeständigkeit, hohe Elastizität, gute Isolation, gutes Antidröhnverhalten". Auch auf "die günstigen Reparaturmöglichkeiten" wird hingewiesen: "Durch die hier gegebene ausführliche ... Arbeitsanleitung werden Sie in vielen Fällen in der Lage sein, ... Reparaturen selbst auszuführen." An Duroplast-Teilen könnten auch größere Schäden wie Risse oder abgebrochene Stücke leicht beseitigt werden.
Knapp 100 Stundenkilometer
Noch zwei Mal wird die Form des Autos überarbeitet, ein letztes Mal 1961. Mit seinen damals 23 PS erreicht der Zweitakter eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 100 Kilometern in der Stunde. Ab 1988 erhält der "Trabi", wie das Gefährt bald verniedlichend genannt wird, westliche Unterstützung: einen in Lizenz gebauter Viertaktmotor des VW Polo.
Nach der Wende 1989 lässt die Nachfrage nach "Trabis" allerdings rasant nach. Im April 1991 wird die Produktion eingestellt. Bis dahin sind insgesamt über drei Millionen Fahrzeuge produziert worden. Anschließend wird der VEB Sachsenring Zwickau von der Treuhandanstalt bis Dezember 1993 abgewickelt.
Stand: 01.05.2013
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