Duesenberg-Cabriolet, Foto s/w, 1933

Stichtag

6. Dezember 1876 - Autokonstrukteur Fred Duesenberg wird geboren

Keine Automarke umweht in den 1920er und 1930er Jahren eine magischere Aura. Duesenberg, das ist die Nobelkarosse der größten Hollywoodstars und mächtigsten Industriekapitäne. Glamouröser als ein Bugatti, repräsentativer als ein Rolls Royce und schneller als ein Mercedes. Schreiben die Zeitungen, "er fährt einen Duesenberg", dann klingt dies wie der Ritterschlag für höchste Celebrity-Weihen.

Der Wind dürfte kräftig geweht haben am Steuer der Cabrios von Stars wie Clark Gable und Gary Cooper, elegante Sportwagen mit 320 PS und einer atemberaubenden Spitzengeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern. Cooper hat seinen Duesenberg selbst gekauft, Gable bekommt ihn als Leihgabe, denn Fred Duesenberg erkennt, welche Zugkraft die Formel "Stars & Cars" entwickelt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gilt er als der Topstar unter Amerikas Autokonstrukteuren. Bis dahin war es ein langer Weg für den armen Einwanderer aus Deutschland.

Fasziniert von Geschwindigkeit

Geboren wird Fred, der eigentlich Friedrich Düsenberg heißt, am 6. Dezember 1876 in einem kleinen Fachwerkhaus in Kirchheide bei Lemgo. Wie die meisten Menschen in der armen Gegend fristen seine Eltern ein Hungerleiderdasein. Mehr als 20.000 Lipperländer suchen deshalb Ende des 19. Jahrhunderts ihr Glück in Übersee. Für die Daheimgebliebenen klingen deren Berichte aus der neuen Heimat geradezu fantastisch - von billigen, fruchtbaren Böden in einem fast steuerfreien Land, wo nicht der Stand, sondern die eigene Leistung zählt.

So packt auch Konradine Düsenberg nach dem Tod ihres Mannes 1885 ihre Habe zusammen und wandert mit Friedrich und dem jüngerem Sohn August in die USA aus. Zunächst schlagen sich Fred und Augie Duesenberg, wie sich die Brüder nun nennen, in Iowa als Farmarbeiter durch. 1897 gründet Fred eine kleine Fahrradfabrik und baut auch motorisierte Zweiräder. Fasziniert von Geschwindigkeit, startet er beim Autobauer Jeffrey eine Rennfahrerkarriere. Er stellt mehrere Weltrekorde auf und konstruiert bald seinen ersten eigenen Rennwagen. Im Jahr 1913 eröffnet das Bruderpaar in St. Paul, Minnesota die Duesenberg Motor Company (DMC).

Star-Vehikel und Gangsterkarosse

Ohne jede technische Ausbildung konstruiert Fred Duesenberg die ersten amerikanischen Achtzylinder-Motoren und, um deren Kraft zu bändigen, die ersten hydraulischen Bremsen. Das nötige Kapital spülen während des Weltkriegs Flugzeug- und Bootsmotoren für Frankreich und England in die Firmenkasse. 1926 kauft Errett L. Cord die florierende DMC. Der Industrielle übergibt den Duesenbergs das Management und erteilt Fred den Auftrag des Lebens: das beste Auto der Welt zu bauen. 1928 präsentiert Duesenberg sein legendäres Model J – superschnell, superteuer und technisch anderen Autobauern um Jahrzehnte voraus.

Selbst der Börsencrash von 1929 kann Duesenbergs Erfolg nicht bremsen. Während Millionen Amerikaner die Depressionsjahre durchleiden, zahlen Filmgötter und Industriemagnaten den Gegenwert von 50 Fords, um sich mit dem unvergleichlichen Glamour eines Duesenberg zu schmücken. Auf bestimmte Kunden würde die Marke allerdings gern verzichten: Gangster wie Al Capone, deren Karossen selbst noch schwer gepanzert allen Verfolgern davonrasen. Die Erfolgssträhne der DMC reißt im Juli 1932: Bei einem Autounfall wird Fred Duesenberg schwer verletzt; kurz darauf stirbt er im Krankenhaus. Ohne den genialen Konstrukteur verliert die Marke ihre Strahlkraft und verkommt zum monströsen Statussymbol für die neureichen Bosse von Wrigley’s, Mars und Coca Cola. Als 1937 der Konzern von DMC-Inhaber Cord zusammenbricht, fällt auch für den Duesenberg endgültig der Vorhang. 

Stand: 06.12.2011

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