Stichtag

15. Januar 2009 - Vor 100 Jahren: Schlagzeuger Gene Krupa geboren

Chicago 1927: Bereits bei seiner ersten Schallplattenaufnahme sorgt Gene Krupa für mächtigen Wirbel. Als der gerade 18-jährige Schlagzeuger sein Instrument aufbaut, traut Produzent Tommy Rockwell seinen Augen nicht. Statt des üblichen Sets aus Snare Drum und Becken schleppt Krupa auch eine dicke Basstrommel an. Rockwell protestiert, seine Aufnahmegeräte seien deren Schalldruck nicht gewachsen. Doch Krupa setzt sich durch, die Membranen halten, und nach der Session  spricht Rockwell die legendären Worte: "We'll have to get some more of this" (Wir müssen mehr davon bekommen). Die eingespielten Stücke gelten heute als die ersten Platten-Aufnahmen mit einer Bass Drum, die sich umgehend als selbstverständlicher Bestandteil des Swing-Schlagzeugs durchsetzt. So wird man auch in der Metropole New York schnell auf den am 15. Januar 1909 in Chicago geborenen Drummer aufmerksam. Nur zwei Jahre nach der denkwürdigen Rockwell-Session reißt der blendend aussehende, schwarz gelockte Krupa das Publikum am Broadway in einer prominent besetzten Band von den Stühlen.

Der Posaunist heißt Glen Miller und die Klarinette spielt ein gewisser Benny  Goodman, in dessen Orchester Gene Krupa  zum tonangebenden Schlagzeuger der Swing-Ära avanciert. Legendär wird das Konzert vom 16. Januar 1938 in der Carnegie Hall. Bei Krupas Solo zum Hit "Sing, sing, sing", dem ersten ausgedehnten Schlagzeug-Solo der Jazz-Geschichte, flippen die Zuhörer in nie zuvor erlebter Weise aus. Von nun an verlangt es in beinahe jedem Goodman-Stück nach einem Drum-Solo. Das führt zu Spannungen zwischen Krupa und dem Star-Bandleader, der fürchtet, dass ihm sein "wirbelnder Donnergott" am Schlagzeug die Schau stiehlt. Nur zwei Monate nach der Trennung von Benny   Goodman lockt Krupa mit einem eigenen Orchester 4.000 "Swing Cats" in den Marine Ballroom von Atlantic City. Die "sprangen auf und ab und ab und auf, kreischten und schrien angesichts des Feuerwerks, das Krupa abbrannte", schreibt das Jazz-Magazin Metronome anschließend. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere spielt Krupa in den angesagtesten Clubs, ist Dauergast in den beliebtesten TV-Shows und verdient mit Plattenverkäufen ein Vermögen.

Doch im Sommer 1943 wird der Superstar des Swing wegen angeblichen Marihuana-Besitzes verhaftet. Als er nach fast drei Montanen im Gefängnis rehabilitiert wird, hat sich sein Orchester aufgelöst und Krupa steht vor den Trümmern seiner Karriere. Es ist Benny  Goodman, der seinem früheren Rivalen den Weg zu einem neuen Orchester ebnet, mit dem Krupa an die Erfolge vor seiner Haft anschließen kann. Aber wie Goodman, Tommy Dorsey und andere große Bandleader erlebt auch er Anfang der 50er Jahre das Ende der großen Big-Band-Ära. Krupa löst sein Orchester auf, spielt in kleinen Besetzungen weiter und tritt mit Stars wie Oscar Peterson, Ella Fitzgerald und Lester Young auf. Besonders beliebt werden die "Drum Battles", die er mit seinem ebenso virtuosen Schlagzeug-Kollegen Buddy Rich in vielen Fernsehshows aufführt. Obwohl Gene Krupa 1960 einen Herzinfarkt erleidet und fortan unter starken Rückenschmerzen leidet, spielt er weiter Schallplatten ein und tritt regelmäßig live auf. Sein letztes öffentliches Konzert gibt er mit seinem alten Weggefährten Benny Goodman. Nur wenige Wochen später, am 16. Oktober 1973, stirbt der Erfinder des modernen Jazz-Schlagzeugs in Yonkers, New York, an Leukämie.

Stand: 15.01.09