Alice Schwarzer in Kölner "Emma"-Redaktion vor "Emma"-Zeitschriftentiteln / 2002

26. Januar 1977 - Frauenzeitschrift "Emma" erscheint

Stand: 26.01.2017, 00:00 Uhr

Im April 1971 machen in Frankreich hunderte Frauen gegen den Abtreibungsparagrafen 218 mobil. In einem Manifest erklären sie: "Ich habe abgetrieben." Mit diesem Bekenntnis sagen kurz darauf im "Stern" auch 374 deutsche Frauen dem §218 den Kampf an, unter ihnen die Schauspielerinnen Romy Schneider und Senta Berger.

Mitinitiatorin der aufsehenerregenden Aktionen ist die 1942 in Wuppertal geborene Feministin und Journalistin Alice Schwarzer. Ihr Buch "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen" löst 1975 eine vehemente öffentliche Debatte über die Frauenemanzipation aus.

Die Medien sind Mitte der 1970er Jahre, wie alle gesellschaftlich relevanten Bereiche, noch fest in Männerhand. Deutschlands bekannteste Feministin beschließt deshalb, den Frauen ein eigenes Forum zu schaffen und investiert ihr Buchhonorar in die Gründung einer Zeitschrift.

Hohn und Spott von der männlichen Konkurrenz

In Köln stellt Alice Schwarzer ein Redaktionsteam zusammen, dem neben ihr die Redakteurinnen Angelika Wittlich, Sabine Schruff und Christiane Ensslin, Schwester der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin, angehören. Dem Zeitgeist entsprechend wollen sie als Kollektiv arbeiten, was aber von Beginn an nicht funktioniert. Auch über die Inhalte der auf den Namen "Emma" getauften Zeitschrift herrscht anfangs Uneinigkeit.

Angeführt von ihrer resoluten Chefin und Herausgeberin rauft sich die Redaktion zusammen. Am 26. Januar 1977 geht "Emma" mit einer Auflage von 200.00 Heften an den Start. Die "erste Frauenzeitschrift für Frauen von Frauen" ist so schnell vergriffen, dass Schwarzer 100.000 Exemplare nachdrucken lässt.

Die Herrenriegen der etablierten Blätter überschütten die neue Frauen-Konkurrenz mit Hohn: "Für die Süddeutsche Zeitung war Alice Schwarzer eine frustrierte Tucke und für Bild eine Männerhasserin", fasst eine WDR-Sendung zum 25-jährigen Jubiläum von "Emma" die hämischen Reaktionen zusammen.

Keine Scheu vor Tabus und heißen Eisen

Anders als die fast zeitgleich gestartete Frauenzeitschrift "Courage" kann sich "Emma" als Kampfblatt der Emanzipation in der Presselandschaft behaupten. Bei der Themenauswahl scheut Chefredakteurin Schwarzer weder heiße Eisen noch Tabubrüche. Die Zeitschrift berichtet über sexuellen Missbrauch, Genitalverstümmelungen von Mädchen und die Unterdrückung von Frauen durch islamische Fundamentalisten.

Den Abtreibungsparagrafen 218 prangert "Emma" ebenso lautstark an wie Vergewaltigung in der Ehe und das Schlankheitsdiktat der Mode. Elternzeit für Väter, Wehrdienst für Frauen und Frauenfußball macht "Emma" zu gesellschaftlichen Streitthemen. Mit besonderer Leidenschaft kämpft Schwarzer gegen Sexismus in Medien und Werbung, gegen Pornografie und Prostitution.

Vorbestrafte Schwarzer behält die Zügel in der Hand

Durch "Emma" und bei "Emma" hat sich in den vergangenen 40 Jahren allerhand verändert. Das einstige Magazin "von Frauen für Frauen" firmiert inzwischen als "Politisches Magazin für Menschen", an dem auch Männer mitschreiben dürfen. Nicht geändert hat sich dagegen die Leitung: Obwohl sie seit 2016 als Steuerhinterzieherin vorbestraft ist, hält Schwarzer als Chefredakteurin, Herausgeberin und Verlegerin die Redaktionszügel weiter allein in der Hand.

Die Verkaufszahlen sind, wie bei allen Print-Medien, im Lauf der Jahre deutlich zurückgegangen. Aktuell liegt die Auflage des zweimonatlich erscheinenden Magazins bei rund 33.000 Exemplaren. Doch "Emma" hat es offensichtlich geschafft, jung zu bleiben. Knapp ein Viertel der Leserschaft ist unter 30.

Was daran liegen könnte, dass es trotz der inzwischen gesetzlich verankerten Gleichberechtigung bei der realen Gleichstellung von Frau und Mann noch immer hapert. "Und das, was wir erreicht haben", betont "Emma-Chefin Alice Schwarzer, "ist nicht gesichert, sondern muss jeden Tag neu verteidigt werden."

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 26. Januar 2017 ebenfalls an den Start von "Emma". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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