Als Geheimfavorit fährt die kolumbianische Nationalmannschaft 1994 zur Fußball-Weltmeisterschaft in die USA. Immerhin hatten die Südamerikaner in der Qualifikation Vize-Weltmeister Argentinien im eigenen Stadion mit 5:0 vom Platz gefegt. "Das ganze Land war voll großer Erwartungen", erinnert sich Martin Zagatta, seinerzeit ARD-Hörfunkkorrespondent für Südamerika.
Entsprechend hoch sind die Wetteinsätze der einheimischen Drogenmafia auf den Sieg "ihres" Teams. Man gibt der Mannschaft unmissverständlich zu verstehen, dass man so viel Geld ungern abgeben würde. Prompt verliert Kolumbien das erste Spiel gegen Rumänien und trifft am 22. Juni 1994 auf Gastgeber USA – ohne Mittelfeldspieler Gabriel Gomez, der nach einer Morddrohung nicht aufläuft.
Ein Eigentor mit tödlichen Folgen
Nach einer langweiligen ersten halben Stunde beginnt die kolumbianische Tragödie: Andrés Escobar – einer der besten Spieler Kolumbiens – lenkt den Ball unhaltbar für Torhüter Oscar Cordoba ins eigene Netz. Kolumbien verliert gegen die USA mit 1:2. Der Weltmeistertraum ist zerplatzt, Kolumbien scheidet in der Vorrunde aus. Die Mannschaft erhält Morddrohungen. Die meisten Spieler bleiben sicherheitshalber erst einmal in den USA.
Unglücksschütze Andrés Escobar reist nach Kolumbien zurück. Er gilt als Vorbild-Fußballer mit ausgesprochen guten Manieren. "Er war der beliebteste Fußballspieler zu dieser Zeit", erklärt Zagatta. Escobar will sich der Kritik stellen. In einem Zeitungsbericht entschuldigt sich der 27-Jährige für sein Eigentor und schließt mit den Worten: "Ich sehe euch bald, weil das Leben damit nicht aufhört".
Streit auf dem Parkplatz
Ein Irrtum, wie sich wenig später herausstellen wird. In der Nacht zum 2. Juli 1994 gerät Andrés Escobar, der mit dem berühmten Drogenboss nur den weit verbreiteten Namen teilt, beim Verlassen eines Restaurants in einen Streit und wird erschossen. Sofort wird wild spekuliert: Die Drogenmafia habe den Fußballer ermorden lassen. Auch enttäuschten Fans wird die Tat nachgesagt.
"Das war doch eher ein spontaner Streit, wie er in Kolumbien damals leider an der Tagesordnung war", sagt Martin Zagatta. Andrés Escobar ist einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Mörder, ein Leibwächter und Fahrer für Top-Mitglieder des kolumbianischen Drogenkartells, wird zu 43 Jahren Haft verurteilt. Wegen guter Führung wird der Todesschütze nach elf Jahren entlassen.
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