"Wind und Meeresströme sind der Schlüssel zum Rätsel allen Lebens auf den Polynesischen Inseln“, schreibt Thor Heyerdahl kurz vor seinem Tod 2002. Es ist das Fazit zahlreicher Expeditionen in die Südsee und nach Südamerika, die der norwegische Forschungsreisende im Lauf von 60 Jahren unternommen hat.
Weltbekannt wird Thor Heyerdahl durch eine abenteuerliche Reise, die ihn zum Begründer der experimentellen Archäologie macht. 1947 segelt er mit dem Balsaholz-Floß "Kon-Tiki" von Peru aus über den Pazifik. Heyerdahl beweist damit, dass indigene Völker schon vor Jahrhunderten durchaus in der Lage waren, von Südamerika aus Polynesien zu besiedeln.
Auf einem Schilfboot über den Atlantik
Auch kulturelle Gemeinsamkeiten zwischen dem alten Ägypten und Vorderasien mit dem präkolumbianischen Südamerika entstanden nicht zufällig, davon ist Heyerdahl überzeugt: "All diese alten Zivilisationen verehrten die Sonne als ihren Gott." Und Pyramiden wurden nicht nur am Nil errichtet, sondern auch in Peru und Mexiko.
Zwei Jahrzehnte nach der Kon-Tiki will Heyerdahl den Nachweis führen, dass bereits die alten Ägypter den Atlantik überquert haben könnten. Er beauftragt Schiffsbauer aus dem Tschad, nach antiken Vorbildern ein Papyrusboot zu bauen. Bündel für Bündel wird es aus äthiopischem Schilf zusammengeflochten und auf den Namen des Sonnengottes Ra getauft.
Am 25. Mai 1969 sticht Heyerdahl in Safi in Marokko mit der "Ra" in See. Unter der Flagge der Vereinten Nationen will er in fünf Monaten die Karibik erreichen. Doch das Papyrusboot ist dem rauen Atlantik nicht gewachsen. Nach 5.000 Kilometern und etlichen Havarien muss Heyerdahl die "Ra" kurz vor dem Ziel aufgeben.
Pioniertat gegen die Meeresverschmutzung
Überzeugt von seiner Kulturtransfer-These lässt Thor Heyerdahl die "Ra II" bauen – wieder aus Papyrus, diesmal aber konstruiert von Indianern am Titicaca-See und in wesentlichen Details exakter nach historischen Abbildungen.
Experimentalarchäologe und Umweltpionier Heyerdahl 1998
Mit der "Ra II" gelingt es dem weltbekannten Archäologen und Ethnologen 1970 tatsächlich, von Marokko aus in 57 Tagen nach Barbados zu segeln. Damit beweist Heyerdahl: Zumindest in der Theorie hätten die alten Ägypter - lange vor Kolumbus- in die Neue Welt segeln können.
Aus dem Atlantik fischt Heyerdahl Ölklumpen auf, die ihm bereits auf der "Ra I" aufgefallen waren. Sie stammen von Tankern, die ihre Rückstände im Meer entsorgen. Heyerdahl macht die Verseuchung vor den UN publik und initiiert damit das erste internationale Abkommen gegen Meeresverschmutzung durch Schiffe.
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