Maximilian Oskar Bircher-Benner, Symbolbild: Bircher Müsli

22. August 1867 - Bircher-Müsli-Erfinder geboren

Stand: 22.08.2017, 00:00 Uhr

"Müesli" ist wohl das einzige schweizerdeutsche Wort, das in fast allen Sprachen dieser Welt zu finden ist. Allerdings wird die eidgenössische Verkleinerungsform von "Mus" meist in abgewandelter Form verwendet, zum Beispiel als "Müsli", "Muesli" und "Musli".

Populär macht den Begriff der Schweizer Arzt Maximilian Oskar Bircher, verheiratet seit 1893 mit Elisabeth Benner. Bircher-Benner erfindet die berühmte Rohkostspeise: Ab 1904 wird das "Bircher-Müesli" den Patienten in seinem Sanatorium "Lebendige Kraft" auf dem Zürichberg verabreicht - als "Apfeldiätspeise".

Maximilian O. Bircher-Benner, Arzt (Geburtstag 22.8.1867)

WDR 2 Stichtag 22.08.2017 04:15 Min. Verfügbar bis 20.08.2027 WDR 2


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Arztpraxis in Zürich

Geboren wird Maximilian Oskar Bircher am 22. August 1867 in Aarau im Kanton Aargau. Der Notarsohn studiert in Zürich und Berlin Medizin, bevor er in Zürich als Arzt praktiziert. Wie Bircher-Benner auf die Idee kommt, eine "Apfeldiätspeise" zusammenzustellen, ist unklar. Er soll im Selbstversuch erfolgreich eine Gelbsucht nur mit rohen Äpfeln behandelt haben, lautet eine Version.

Bircher-Benner-Biograf Albert Wirz schreibt 1997 im Magazin der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ): "Im Freundeskreis erzählte er zuweilen, wie er bei einer Bergwanderung auf einer Alp eingekehrt sei und wie die Sennerin ihn und seine Frau mit einem 'recht seltsamen Essen' bewirtet habe."

Die Muttermilch ersetzen

Die obstreiche Alpenkost habe Bircher-Benner zu dessen Rezept angeregt, so Historiker Wirz. "Man nehme: Ein Esslöffel Haferflocken, drei Esslöffel Wasser, ein bis zwei Äpfel (samt Haut und Kerngehäuse geraffelt), Saft einer halben Zitrone, ein Esslöffel gezuckerte Kondensmilch, mische alles sorgfältig und streue ein Esslöffel geriebene Nüsse drüber."

Mit seinem Mus will Bircher-Benner das "ideale Nahrungsmittel", die Muttermilch, ersetzen. Es habe fast denselben Anteil an Eiweiß, Fett und Kohlehydraten, glaubt er. Birchers Erkenntnisse sind bei seinen Kollegen umstritten. "Herr Bircher hat die Grenzen der Wissenschaft verlassen", urteilt die Zürcher Ärzteschaft über dessen Ansichten zur Ernährungslehre.

Rohkost als "Lichtnahrung"

Bircher-Benners Erkenntnisse beruhen auf Beobachtung und Erfahrungswerten, nicht auf wissenschaftlichen Ergebnissen. Der Arzt geht in seiner "Lichtwertlehre" davon aus, dass pflanzliche Lebensmittel den tierischen überlegen seien. Der Grund: Pflanzen seien im Gegensatz zu Tieren fähig, die Energie des Sonnenlichts für den Aufbau ihrer Zellmoleküle zu nutzen. Die wertvollste "Lichtnahrung" sei daher nur die Rohkost.

Von manchen wird Bircher-Benner als medizinischer Visionär verehrt, von anderen als esoterischer Spinner kritisiert. Inzwischen ist bekannt, dass der Wert der Rohkost nicht in ihrem "Lichtgehalt" besteht, sondern in den enthaltenen Vitaminen, Spurenelementen und Ballaststoffen.

Patriarch mit prominenten Patienten

"Aus den Berichten der Patienten wissen wir, dass er sehr große Überzeugungskraft hatte", sagt Biograf Wirz. Bircher-Benner sei "eine Autoritätsperson, ein Patriarch" gewesen. Seine Klinik beherbergt viele Prominente. Darunter sind Zar Nikolaus II., Rainer Maria Rilke, Thomas Mann, Hermann Hesse und Jehudi Menuhin.

Nicht allen Patienten schmeckt offenbar die Rohkost. Einige versuchen heimlich, in einer Bäckerei Brot und Süßigkeit zu kaufen, sagt Historiker Wirz. Von einem werde auch berichtet, er habe seine Zahnpasta-Tube ausgequetscht und den Inhalt gegessen. Dennoch beeinflusst Bircher-Benner mit seinem "Müesli" die Essgewohnheiten von Generationen. Der Ernährungspionier stirbt am 24. Januar 1939 mit 71 Jahren in Zürich.

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