Als Kind steht Alexander von Humboldt im Schatten seines hochbegabten großen Bruders Wilhelm. "Das wird einmal ein großer Diplomat", ist die adelige Mutter überzeugt und wird recht behalten. Der am 14. September 1769 geborene Alexander beschäftigt sich in ihren Augen dagegen nur mit "Krimskrams", sammelt Pflanzen, Steine und Tiere im Garten.
"Meine unglücklichen Verhältnisse zwingen mich, immer zu wollen, was ich nicht kann, und zu tun, was ich nicht mag", klagt Humboldt und tritt zunächst dem Willen der Mutter folgend in den preußischen Staatsdienst ein. Als sie stirbt, kündigt er. Das Erbe der Mutter macht ihn reich und unabhängig, sofort plant er eine Reise um die Welt.
Unterwegs als neugieriger Forscher
Humboldt kauft Teleskope, Mikroskope, eine Präzisionsuhr, Kompasse, Sextanten. "Er wollte nicht als Eroberer, als Kolonialherr in die tropischen Länder reisen, sondern als Forschender, als Neugieriger", erklärt Thomas Richter, der über Humboldt promoviert hat. Im Juni 1799 bricht Humboldt mit seinem Gefährten Aimé Bonpland nach Südamerika auf. Fünf Jahr lang hört das Forscherteam Tieren in tiefsten Urwäldern zu, nimmt Proben, sammelt Pflanzen, fertigt Skizzen an, vermisst und beschreibt, was ihnen in die Quere kommt.
Im Juni 1802 steht Humboldt auf dem höchsten damals bekannten Berg: dem knapp 6.200 Meter hohen Chimborazo. "Zur Rechten senkte sich unser Blick schaurig in einen achthundert Fuß tiefen Abgrund", hält Humboldt fest. Er schafft es zwar nicht bis auf den Gipfel, aber in Höhen, die noch keiner erreicht hat – und leidet an der Höhenkrankheit. "Wir bluteten aus dem Zahnfleisch und aus den Lippen."
Vom Urwald an den Schreibtisch
Als Humboldt im Sommer 1804 wieder in Europa ankommt, hat er kistenweise unbekannte Pflanzen, Tiere und Daten über die Tropen im Gepäck. Am Schreibtisch wertet er minutiös seine Reise aus, hält Vorträge, korrespondiert mit zahllosen Wissenschaftlern, schreibt an mehreren Büchern. Ohne Familie und Partner widmet er sein Leben der Naturforschung, verurteilt die Sklaverei und weist auf die Umweltzerstörung durch den Menschen hin.
"Jeder Mann hat die Pflicht, in seinem Leben den Platz zu suchen, von dem aus er seiner Generation am besten dienen kann", lautet seine Maxime. Alexander von Humboldt stirbt 1859 mit 89 Jahren in Berlin. Heute gilt er als letzter großer Universalgelehrter, der Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Zoologie, Klimatologie, Ethnologie, Demographie und Philologie befruchtet hat.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 14. September 2019 ebenfalls an Alexander von Humboldt. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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