MSV Duisburg auf der Schnellstraße Richtung zweite Liga
Stand: 21.03.2024, 15:21 Uhr
Der MSV Duisburg steht noch sieglos am Tabellenende der Frauen-Bundesliga. Am Sonntag steht in Leipzig ein Abstiegs-Endspiel an. Trainer Thomas Gerstner glaubt noch an den Klassenerhalt, sieht Duisburg als Standort für Frauenfußball aber in Gefahr.
Von Lukas Thiele
Thomas Gerstner saß gerade im Auto. Da war es wohl kein Zufall, dass er ausgerechnet diese Analogie wählte: "Man könnte sagen, das ist die letzte Ausfahrt, bevor es Richtung 2. Liga geht", sagte der Trainer des MSV Duisburg vor dem Spiel bei RB Leipzig am Sonntag (14 Uhr) in der Frauen-Bundesliga.
Ein Blick auf die Tabelle zeigt, warum Gernster so ein drastisches Szenario malt: Mit gerade einmal vier Punkten sind die MSV-Frauen Tabellenletzter. Zu einem Sieg hat es in dieser Spielzeit in 16 Partien noch gar nicht gereicht. Der Abstand zum rettenden Ufer beträgt neun Punkte. Und auf dem ersten Nichtabstiegsplatz steht der kommende Gegner, RB Leipzig.
"Wir wissen, dass dieses Spiel enorm wichtig ist. Wir wissen, dass wir es gewinnen müssen, um dann endlich mal ranzukommen und mit gestärkter Moral in die zwei folgenden Spiele zu gehen", sagte Gerstner. Eine gestärkte Moral können die Duisburgerinnen gebrauchen, denn die Gegner nach dem Leipzig-Spiel sind die beiden Topteams FC Bayern München und VfL Wolfsburg.
Gerstner glaubt noch an Klassenerhalt
Trotz der schweren Ausgangslage ist der Glaube an den Klassenerhalt bei Gerstner immer noch da: "Wir können das schaffen, nicht nur theoretisch", sagte der 57-Jährige gegenüber dem WDR. Gerstner spricht aus Erfahrung. Schon vier Mal führte er die MSV-Frauen zum Ligaverbleib. Zwischen 2018 und 2021 stand Gerstner beim MSV schon einmal an der Seitenlinie und hielt drei Mal die Klasse. Nur 2021 stieg der Verein als Letzter ab. Nach dem Aufstieg im darauffolgenden Jahr holte Duisburg im April 2023 Gerstner zurück, erneut in akuter Abstiegsnot. Doch Gerstner führte den MSV in den verbliebenden Spielen noch über den Strich. "Und das haben wir nicht geschafft, weil ich sechs oder sieben Spieltage vor Schluss aufgegeben habe, sondern weil wir immer positiv daran gearbeitet haben."
Dass es beim MSV in der Frauen-Bundesliga in erster Linie gegen den Abstieg geht, ist also nicht Neues. Dass es in dieser Saison aber so schwer werden würde, war nur bedingt abzusehen. "Wir haben gefühlt eine sehr gute Sommervorbereitung gespielt", sagte Gerstner. "Meine Einschätzung - und das war auch eine Fehleinschätzung - war: Wir sind gut. Und dann haben wir in Hoffenheim eine 9:0-Klatsche bekommen."
Keine Balance zwischen Defensive und Offensive
Zwar ist der MSV danach in keinem Spiel mehr so auseinander gefallen, zu Siegen hat es dennoch nicht gereicht. "Es war nie so, dass wir die richtige Balance hatten zwischen Defensive und Offensive. Wir mussten nach der Auftaktniederlage erst einmal den Fokus auf die Defensive legen - und das mussten wir lange tun. Dann ist natürlich mit Ball nach vorne immer schwierig. Da für Ruhe am Ball und für Entlastung zu sorgen, haben wir nicht geschafft." Die Torbilanz von 10:43 spricht eine deutliche Sprache.
Vor der Saison gab es im MSV-Kader einen großen Umbruch. Gleich 13 aktuelle Spielerinnen standen in der Vorsaison noch nicht in Duisburg auf dem Platz. Das ist beim MSV jedoch vor nahezu jeder Spielzeit so und genau das ist für Gerstner der Grund, warum es jedes Jahr gegen den Abstieg geht. "Du fängst du immer wieder bei null an. Und genau das ist der Nachteil. Der Nachteil am Frauenfußballstandort Duisburg ist, dass keine Kontinuität drin ist. Die Liga wird immer stärker und die Schere geht immer weiter auseinander."
Am Ende sei das vor allem eine finanzielle Frage: "Wenn man hört, was andere Clubs für Etats haben, ist es fast schon ein Wunder, dass wir uns dieses Jahr überhaupt noch mit den besten in Deutschland messen dürfen."
Gerstner verlässt den MSV im Sommer
Kontinuität wird es beim MSV auch in der kommenden Saison nicht geben - egal in welcher Liga. Denn Gerstner hat bereits vor mehreren Wochen seinen Abschied angekündigt. "Da wird es auch kein Zurück mehr geben, ich werde den MSV Duisburg im Sommer verlassen. Man soll niemals nie sagen, aber im Bereich Frauenfußball werde ich den MSV endgültig verlassen."
Die Gründe dafür seien vielfältig. Gerstners Familie lebt schon seit ein paar Jahren in Barcelona. "Ich will auch nach Hause", sagte er. Aber auch die fehlende Perspektive beim MSV Duisburg spielte in Gerstners Entscheidung hinein: "Im Frauenfußball in Duisburg sehe ich sie nicht. Und das sieht der Club nicht anders. Die wissen, dass es nur mit Geld geht. Aber da der MSV kein Geld hat, sondern Geld braucht, wissen wir ja, wo als erstes der Hahn zugedreht wird."
Frauenfußball-Standort Duisburg in Gefahr
So sieht Gerstner Duisburg als Standort für Frauenfußball generell in Gefahr: "Entweder müsste man es richtig machen, aber da haben die anderen das drei- oder vierfache an Budget zur Verfügung. Oder man muss sagen, es macht tatsächlich keinen Sinn. Weil irgendwo ist es eine Verbrennungsmaschine, die nur Geld nimmt. Aber man will ja, dass Aufwand und Ertrag irgendwann in einem guten Verhältnis stehen. Und wir trainieren so viel und wir trainieren so hart, aber der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu dem, was dabei rauskommt."
Sechs Spiele bleiben Gerstner und dem MSV noch, um das Wunder Klassenerhalt noch zu schaffen. Doch dazu müssen Siege her. Bei einer Niederlage in Leipzig werden die Duisburgerinnen die Ausfahrt Bundesliga wohl endgültig verpassen.