Florian Kainz (rechts) mit Christoph Baumgartner und Phillipp Mwene (links)

Kölns Kainz - aus der Abstiegskrise in die Euro-Oase

Stand: 16.06.2024, 12:39 Uhr

Mit dem 1. FC Köln stieg er aus der Bundesliga ab, das Saisonende hatte dennoch ein Happy End für Florian Kainz: Er steht im Aufgebot Österreichs für die Europameisterschaft.

Von Jens Mickler

Es war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass Florian Kainz im Kader der Nationalmannschaft Österreichs für die Europameisterschaft stehen würde. Mit dem 1. FC Köln war er Ende Mai ziemlich sang- und klanglos aus der Bundesliga abgestiegen. Auch für den 31-Jährigen selbst war es eine Spielzeit mit viel mehr Schatten als Licht, seine Leistungen konnten an diejenigen aus der Vorsaion nur ganz selten anknüpfen.

Kainz vor der EM: "Müssen uns nicht verstecken"

Österreichs Teamchef Ralf Rangnick tangierte das herzlich wenig, als er Anfang Juni seinen endgültigen EM-Kader bekanntgab. Gestrichen hatte er in Tobias Lawal (Linzer ASK), Stefan Lainer (Borussia Mönchengladbach) und Thierno Ballo (Wolfsberger AC) drei andere Kandidaten, den künftigen Zweitliga-Spieler Florian Kainz nahm Rangnick mit zur EM, die für das österreichische Team heute (21 Uhr) mit dem mit Spannung erwarteten ersten Gruppenspiel gegen keinen geringeren als Titelfavorit Frankreich beginnt.

Von dunklen Gedanken nach dem Abstieg mit Köln ist bei Florian Kainz nun keine Rede mehr im Gegenteil. "Wir treffen natürlich auf sehr starke Gegner in unserer Gruppe, aber wir müssen uns nicht verstecken. Wir kommen mit viel Selbstvertrauen. Wir haben einen guten Kader und einen guten Zusammenhalt", sagte Kainz voller Selbstvertrauen, als er da zwei Tage vor dem Frankreich-Spiel neben Teamchef Rangnick auf dem Podium saß und vor Medienvertretern sprach.

Vertrag beim FC bewusst vor dem Turnier verlängert

Florian Kainz bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Frankreich

Florian Kainz bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Frankreich

Kainz, Rangnick und die Österreicher gehen natürlich als Außenseiter ins Spiel gegen die Franzosen, als Kaninchen vor der Schlange sehen sich allerdings nicht. "Wir haben zuletzt auch gegen Top-Gegner gute Ergebnisse erzielt. Wir kommen mit breiter Brust", sagte Kainz, ohne explizit auf die Topserie der ÖFB-Auswahl zu verweisen. Seit Ende November ging in 15 Länderspielen nur eins verloren, das war gegen Belgien. Österreich triumphierte unter anderem gegen Deutschland und gegen Italien.

Von solchen sportlichen Highlights kann Florian Kainz bei seinem Klub nur träumen. Dennoch entschied sich der Leistungsträger, den Gang in die 2. Liga mit dem FC anzutreten. Kürzlich verlängerte der Nationalspieler seinen bis zum 30. Juni 2025 laufenden Vertrag.

Erst die EM, dann wieder 1. FC Köln

"Ich fühle mich wohl in der Stadt und ich fühle mich wohl im Verein. Ich habe mich ganz bewusst vor der EM entschieden, beim FC zu bleiben. Ich will versuchen, in der schwierigen Situation in der wir sind, mitzuhelfen, wieder voll anzugreifen. Jetzt ist aber erst einmal die EM wichtig", sagte der 28-fache Nationalspieler Kainz.

Zur ersten Elf wird er gegen Frankreich voraussichtlich nicht gehören, mit Einsatzzeiten kann Kainz aber schon rechnen - so wie beim letzten Test gegen die Schweiz (Endstand 1:1), als der Kölner in der Startelf stand und sogar den Führungstreffer durch Christoph Baumgartner vorbereitete.

Voller Fokus also auf die EM, erst im Laufe des Juli wird sich Florian Kainz dann wieder mit seinem 1. FC Köln beschäftigen, der bereits am 24. Juni mit der Saisonvorbereitung unter dem neuen Trainer, seinem Landsmann Gerhard Struber beginnt. Wann genau Kainz beim FC wieder einsteigt, hängt natürlich auch davon ab, wie weit er mit den Österreichern bei dieser EM kommt.

EURO 2024: Diese Spieler aus NRW sind dabei

Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) sind in den endgültigen Kadern 20 Spieler aus Nordrhein-Westfalen dabei.

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat den Dortmunder Emre Can für die EM nachnominiert.

Emre Can (Deutschland/Borussia Dortmund): Kurz vor dem EM-Start hat der Dortmunder Emre Can (30) doch noch den Sprung in den deutschen EM-Kader geschafft. Da Aleksandar Pavlovic (19/Bayern München), der zuletzt wegen eines Infekts im Trainingslager fehlte, für die Heim-EM komplett ausfällt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann Can nachnominiert. 

Emre Can (Deutschland/Borussia Dortmund): Kurz vor dem EM-Start hat der Dortmunder Emre Can (30) doch noch den Sprung in den deutschen EM-Kader geschafft. Da Aleksandar Pavlovic (19/Bayern München), der zuletzt wegen eines Infekts im Trainingslager fehlte, für die Heim-EM komplett ausfällt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann Can nachnominiert. 

Nico Schlotterbeck (Deutschland/Borussia Dortmund): Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund zählt vom deutschen Kader bei der EM im eigenen Land und sprang in letzter Sekunde noch auf den EM-Zug auf. Er soll als Backup dem etablierten Verteidiger-Duo Konkurrenz machen.

Jonathan Tah (Deutschland/Bayer Leverkusen): Einer aus diesem etablierten Duo dürfte Jonathan Tah sein. Der Leverkusener spielte eine bärenstarke Saison und hat zusammen mit dem frischgebackenen Champions-League-Sieger Antonio Rüdiger von Real Madrid wohl die besten Startelf-Chancen im DFB-Team.

Robert Andrich (Deutschland/Bayer Leverkusen): Der Mann mit dem dichten Bart gilt als zweikampfstarker defensiver Mittelfeldspieler. Bei Leverkusen zeigte er seine Fähigkeiten vor allem in der Rückrunde. Er soll nun der Mann sein, der den deutschen Offensivkünstlern den Rücken freihält.

Florian Wirtz (Deutschland/Bayer Leverkusen): Rund einen Monat vor der EURO ist Wirtz gerade einmal 21 Jahre alt geworden - doch es soll seine EM werden. Längst hat er sich das Prädikat Weltklasse erarbeitet und wurde in der Bundesliga zum "Spieler der Saison" gewählt.

Niclas Füllkrug (Deutschland/Borussia Dortmund): "Lücke", wie Füllkrug aufgrund seiner Zahnlücke gerufen wird, gilt im deutschen Sturm als kopfball- und zweikampfstarke Alternative zu den sonst eher technisch versierten Nebenmännern. Seine Bilanz in 16 Länderspielen ist top: elf Tore und zwei Vorlagen.

Ian Maatsen (Niederlande/Borussia Dortmund): Abwehrspieler Ian Maatsen von Borussia Dortmund ist für das EM-Aufgebot der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft nachnominiert worden. Bondscoach Ronald Koeman reagierte damit auf die jüngsten Verletzungen im Oranje-Team. Nach Frenkie de Jong vom FC Barcelona musste auch Mittelfeldspieler Teun Koopmeiners (Atalanta Bergamo) für das Turnier passen.

Gregor Kobel (Schweiz/Borussia Dortmund): Eigentlich ist der BVB-Torwart einer der besten seiner Zunft - und muss doch bei der Schweiz hinten anstehen. Denn mit dem ehemaligen Bundesligaspieler Yann Sommer hat er große Konkurrenz. Sommer spielte bei seinem neuen Klub Inter Mailand eine Fabel-Saison. Ein Torwartproblem hat die Schweiz wohl eher nicht.

Nico Elvedi (Schweiz/Borussia Mönchengladbach): Auch in der Innenverteidigung der Eidgenossen findet sich etwas NRW wieder: Der Gladbacher Elvedi soll einen Part in der Innenverteidigung übernehmen. Neben ihm agiert übrigens ein Ex-Dortmunder mit Manuel Akanji.

Granit Xhaka (Schweiz/Bayer Leverkusen): Wie auch beim Deutschen Meister aus Leverkusen ist Xhaka im Mittelfeld der Schweizer nicht wegzudenken. Seine Ruhe, Spielübersicht und Erfahrung waren bereits für Bayer extrem wertvoll und sollen nun den Eidgenossen zu einem starken Turnier verhelfen.

Josip Stanisic (Kroatien/Bayer Leverkusen): Und noch ein Deutscher Meister, der wohl bei der EURO antreten darf. Stanisic hofft auf die Startelf bei Kroatien. Kurios: Während der noch laufenden EURO wird der Verteidiger wieder ein Münchner, denn seine Leihe läuft am 30. Juni aus. Ob er dann noch im Turnier dabei ist, bleibt abzuwarten.

Alejandro Grimaldo (Spanien/Bayer Leverkusen): Der Leverkusener Linksverteidiger hat eine überragende erste Bundesliga-Saison hinter sich. Offensiv- und laufstark war er einer von vielen starken Transfers bei Bayer. Seine Stärken haben ihn nun auch zur EURO getragen.

Jeremie Frimpong (Niederlande/Bayer Leverkusen): Der Niederländer wird seit Wochen als einer der heißesten Wechselkandidaten gehandelt. Angeblich hat halb Europa Interesse am Flügelflitzer mit dem Bayer-Kreuz. Bei der EURO könnte sich Frimpong noch weiter in den Fokus spielen und seinen Preis in die Höhe treiben.

Donyell Malen (Niederlande/Borussia Dortmund): Wochenlang war Malen in der Rückrunde der formstärkste Dortmunder, dann zwangen ihn Oberschenkelprobleme zur Auszeit. Dennoch traf er immerhin 13-mal das Tor in dieser Saison. Es scheint, er wäre beim BVB richtig angekommen und konnte sich dort für die Niederlande empfehlen.

Max Wöber (Österreich/Borussia Mönchengladbach): Eigentlich sollte Max Wöber die Gladbacher Defensive stabilisieren, doch der Österreicher agierte zumindest unglücklich und hatte etwas Verletzungspech. Seine Leihe von Leeds United läuft Ende Juni aus - eine gute EM würde ihn aber wieder interessant für neue Arbeitgeber machen.

Marcel Sabitzer (Österreich/Borussia Dortmund): Am Anfang wurde der Mittelfeldspieler äußerst skeptisch begutachtet: Zu schwankend waren seine Leistungen beim BVB. Doch je länger die Spielzeit 23/24 dauerte, desto mehr steigerte sich Sabitzer und wurde zur absoluten Führungsfigur im Dortmunder Team. In der Form wie zuletzt beim BVB braucht ihn auch Österreich.

Salih Özcan (Türkei/Borussia Dortmund): Unter Sabitzers starken Leistungen litt zunehmend Özcan. Mit viel Vorschusslorbeeren vom 1. FC Köln gekommen, schaffte es der Deutsch-Türke nicht, sich einen Stammplatz in Dortmund zu erspielen. Ob das bei seinem Nationalteam anders wird?

Florian Kainz (Österreich/ 1. FC Köln): Dass Mittelfeldspieler Kainz den Sprung in den österreichischen EM-Kader schaffen würde, war nicht unbedingt abzusehen. MIt dem 1. FC Köln war er gerade aus der Bundesliga abgestiegen, auch für Kainz persönlich war es eine Saison mit viel Schatten. ÖFB-Trainer Ralf Rangnick interessierte das nicht und nahm den Kölner mit.

Matej Kovar (Tschechien/Bayer Leverkusen): Der Leverkusener "Pokaltorwart" schaffte es mit Bayer bis ins Europa-League-Finale und holte den DFB-Pokal. Kovar war eine mehr als solide Alternative zum Finnen Lukas Hradecky und hat sich seine EM-Teilnahme verdient.

Adam Hlozek (Tschechien/Bayer Leverkusen): Der Stürmer war für Leverkusen der perfekte Ergänzungsspieler. Kam er rein, sorgte er oft für Torgefahr. Dennoch beklagte sich Hlozek nie über seine Jokerrolle. Der Angrreifer ist noch jung und besitzt viel Potenzial. Er wird bei der EURO seine Chancen bekommen.

Patrik Schick (Tschechien/Bayer Leverkusen): Dass Hlozek nicht von Anfang an spielte, verdankte er unter anderem seinem Landsmann. Schick war lange verletzt, doch nach seinem Comeback schnell wieder bei alter Stärke. Er dürfte auch bei Tschechien Stürmer Nummer eins sein - mit dem jungen Herausforderer im Nacken.