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Eine schwarz-weiß-Fotografie zeigt Thomas Mann, ein Mann mit Schnauzbart, dunklem Anzug, weißem Hemd und Krawatte. Das schüttere Haar ist streng aus der Stirn gekämmt.

27. September 1942 - Thomas Mann spricht in der BBC über den Holocaust

Aus dem amerikanischen Exil redet Thomas Mann im deutschen Programm der BBC den Deutschen mit markigen Worten ins Gewissen: Er informiert, warnt, klagt an, benennt schlimmste Kriegsverbrechen.

"Euch zu warnen ist der einzige Dienst, den ein Deutscher wie ich euch erweisen kann." Mit diesen Worten wendet sich Thomas Mann aus dem Exil in Kalifornien an seine Landsleute. Der britische Sender BBC setzt bei der Verbreitung der Reden zwischen 1940 und 1945 ganz auf die Autorität des Literaturnobelpreisträgers und nennt ihn den "größten deutschen Schriftsteller des Jahrhunderts". Die monatlichen BBC-Reden von Thomas Mann, sie sind zwischen fünf und acht Minuten lang, beginnen mit der Anrede "Deutsche Hörer!"

Thomas Manns Rede über den Massenmord an Juden (am 27.09.1942)

WDR Zeitzeichen 27.09.2022 14:27 Min. Verfügbar bis 27.09.2099 WDR 5


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Der "Feindsender" BBC erreicht Millionen Deutsche

In der Nazi-Diktatur gilt die BBC als "Feindsender", es drohen drastische Strafen. Dennoch schalten wahrscheinlich mehrere Millionen Hörerinnen und Hörer in Deutschland ein. Manns literarische Werke wie "Die Buddenbrooks" oder "Der Zauberberg" sind komplex, das Spätwerk mitunter unzugänglich. Aber seine BBC-Reden sind an Klarheit und Direktheit kaum zu überbieten: Die Regierenden nennt Mann "Mordgesindel", "apokalyptische Lausbuben" oder "blutige Schmierentruppe".

Aufklärung über den Judenmord

Es ist also eine große Bühne, die der Nobelpreisträger mit seiner Rede am 27. September 1942 betritt. Drastisch und eindringlich schildert er die Tötung polnischer Juden mit Giftgas, die "Schreie und Gebete der Opfer", das Gelächter der "SS-Hottentotten, die den Spaß zur Ausführung brachten". Kein Wunder also, so seine Schlussfolgerung, dass die zivilisierte Welt beratschlage, wie "aus völlig begriffslosen und missgebildeten Killern" in Deutschland "Menschen zu machen sind".

Erneutes Exil nach dem Krieg

Mit der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 spricht Thomas Mann in der BBC von der "Rückkehr Deutschlands zur Menschlichkeit". Aber dies bewegt ihn nicht zur Rückkehr nach Deutschland. Offen trägt er nun einen Konflikt mit jenen aus, die in der "inneren Emigration" waren und sich vom Großliteraten aus der sicheren Ferne beschimpft fühlen. Ernüchtert stellt Mann fest, "dass die Verständigung von einem, der den Hexensabbat von außen erlebte" und jenen, die mitgetanzt hätten, schwierig sei.

Erst 1952 kehrt Thomas Mann nach Europa zurück und geht erneut ins Exil, in die Schweiz, wo er 1955 stirbt.

Autor des Hörfunkbeitrags: Christoph Vormweg
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. September 2022 an die BBC-Rundfunkrede Thomas Manns zum Holocaust. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 28.09. 2022: Vor 305 Jahren: Einführung der allgemeinen Schulpflicht in Preußen.