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Jugendliche in der Diskothek "HOG am Zwinger" - auch Fresswürfel genannt - am Postplatz in Dresden (Aufnahme von 1972)

24. April 1972 - Die DDR veranstaltet eine Tanzmusikkonferenz

Stand: 15.04.2022, 19:44 Uhr

Rock, Blues, Pop - für die DDR-Führung ist alle "Beatmusik" eine Bedrohung aus dem Westen. Die ostdeutsche Jugend hört sie trotzdem gern - und rebelliert. Anfang der 1970er-Jahre soll eine Tanzmusikkonferenz die Lage befrieden.

Am 24. April 1972 treffen sich in Ost-Berlin Vertreter des Kulturministeriums und des Komponistenverbandes zur sogenannten Tanzmusikkonferenz. Das Ziel des zweitägigen Treffens ist "eine jugendgemäße, vielseitigen Interessen entsprechenden Tanzmusik".

Vize-Kulturminister Werner Rackwitz erklärt: "Für unsere Zusammenarbeit mit den Tanzmusikschaffenden ist außerordentlich wichtig, dass wir die Beziehung zwischen einem Musizierstil, wie es der Beat ist, und dem ungepflegten, hemmungslosen und rowdyhaften Verhalten nicht mechanisch vereinfachen."

Die Tanzmusikkonferenz der DDR (am 24.04.1972)

WDR Zeitzeichen 24.04.2022 14:57 Min. Verfügbar bis 24.04.2099 WDR 5


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"Lipsi" als Alternative

Die Vorgeschichte: Die SED möchte der "westlichen Dekadenz" eine eigene Unterhaltungskultur entgegensetzen. Deshalb muss ab 1958 auf allen Veranstaltungen und in den Medien mindestens 60 Prozent aus DDR-Produktion stammen.

Im Jahr darauf wird auf einer ersten Tanzmusikkonferenz der "Lipsi" präsentiert. Der neue Tanz soll die westlichen Tanzstile wie Rock 'n Roll und Twist verdrängen.

"Dreck aus dem Westen"

Doch der "Lipsi" setzt sich nicht durch. Das ärgert DDR-Staatschef Walter Ulbricht. "Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, kopieren müssen?", fragt er Ende 1965 auf einer Parteiveranstaltung. "Ich bin der Meinung, Genossen, mit der Monotonie des 'yeah, yeah, yeah' und wie das alles heißt, sollte man doch Schluss machen."

SED-Politbüro-Mitglied Erich Honecker ergänzt, der "Gegner" nutze diese Art Musik aus, "um durch die Übersteigerung der Beatrhythmen Jugendliche zu Exzessen aufzuputschen." Eine Anspielung auf die Krawalle bei einem Konzert der Rolling Stones auf der Waldbühne in West-Berlin ein paar Monate zuvor.

"Gepflegte Beatmusik"

Honecker beteuert zwar: "Niemand in unserem Staate hat etwas gegen eine gepflegte Beatmusik." Aber die SED greift durch: Viele DDR-Bands werden aufgelöst. Das führt zu Protesten von Jugendlichen, die ihre Bands wieder haben wollen.

Auf diesen Unmut reagiert das Regime: Bei sogenannten Rhythmusaktionen dürfen junge Bands auftreten. Die Mitschnitte werden auf Schallplatte herausgebracht.

Verbote gehen weiter

Das macht das Potenzial an DDR-Musikern sichtbar. Daran knüpft die Tanzmusikkonferenz von 1972 an. Die SED gibt sich weltoffen. Denn im folgenden Jahr finden zum zweiten Mal die sozialistischen Weltjugendfestspiele in Ost-Berlin statt.

Doch das musikalische Tauwetter hält nicht lange an. Die SED verbietet bald wieder Texte, Alben und Bands. 1975 wird die Gruppe Renft aufgelöst, ein Jahr später wird der Liedermacher Wolf Biermann aus der DDR ausgebürgert.

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Klug
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. April 2022 an die Eröffnung der Tanzmusikkonferenz in der DDR. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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