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Metronom

15. August 1772 – Johann Nepomuk Mälzel wird geboren

Stand: 08.08.2022, 08:57 Uhr

Johann Nepomuk Mälzel konstruierte mechanische Instrumente, Fußprothesen und Hörrohre für den tauben Beethoven. Der Nachwelt ist der geschäftstüchtige Tüftler durch ein stetiges "Tack-Tack" bekannt – er hat das Metronom erfunden.

Das musikalische Zeitmessgerät revolutioniert Anfang des 19. Jahrhunderts die Musikwelt. Erstmals können Komponisten genau fixieren, wie schnell – oder langsam – ihre Stücke aufgeführt werden sollen. Damit entfallen die bisherigen Interpretationsspielräume, die ein "Allegro" oder "Adagio" zulassen.

Johann Nepomuk Mälzel sorgt dafür, dass der kleine Holzkasten mit dem ausschlagenden Pendel schnell bekannt wird. Unter anderen verschenkt der geschäftsfreudige Erfinder 200 Metronome an Musiker und Komponisten und lanciert Erwähnungen in Fachzeitschriften.

Johann Nepumuk Mälzel, Instrumentenbauer (Geburtstag, 15.08.1772)

WDR ZeitZeichen 15.08.2022 14:55 Min. Verfügbar bis 15.08.2099 WDR 5


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Beethoven gibt Rätsel auf

Die Werbemaßnahmen sind erfolgreich, das Metronom kommt gut an. "Das sieht man vor allem daran, dass eben überall plötzlich die Metronom-Angaben angegeben werden", sagt Christine Siegert, Leiterin des Bonner Beethoven-Archivs.

Auch Ludwig van Beethoven nutzt den Wunderticker für seine Werke – und sorgt mit manchen Metronomangaben bis heute für Diskussionen unter Musikwissenschaftlern. Einige seiner Tempo-Notizen gelten als Höllenritt, der kaum umsetzbar ist. Hat Beethoven möglicherweise die Skala falsch abgelesen oder gar ein nicht-intaktes Gerät genutzt?

Ernennung zum Hofkammermaschinisten

Für Johann Nepomuk Mälzel ist das Metronom nur eine seiner vielen Erfindungen. Geboren wurde der Tüftler am 15. August 1772 in Regensburg als Sohn eines Orgelbauers. Zunächst verdient Mälzel seinen Lebensunterhalt als Klavierlehrer, dann widmet er sich der Technik.

Mälzel geht nach Wien, wo sich um 1800 die Szene von Instrumentenbauern auf mechanisch angetriebene Geräte spezialisiert hat. Auch Mälzel gehört dazu. Er ist bis in die Adelskreise gut vernetzt, darf sich bald schon Hofkammermaschinist nennen und experimentiert mit mechanischen Instrumenten.

Weggefährte von Beethoven

Die von Johann Nepouk Mälzel angefertigten Hörrohre für Ludwig van Beethoven

Mälzel konstruiert Hörrohre für Ludwig van Beethoven

Ein von ihm gebauter Trompeter verkündet vom Schloss-Balkon in Schönbrunn den Sieg Napoleons. Unter seiner Hand entsteht ebenfalls ein ganzes mechanisches Orchester, ein Panharmonikon, mit mehr als 250 Einzelinstrumenten.

Beethoven komponiert sogar ein Stück für Mälzels Musik-Automaten. Allerdings geraten die Weggefährten Beethoven und Mälzel über die Urheberrechte an dem Stück in einen langen Rechtsstreit.

Mälzels Erfindergeist erstreckt sich nicht nur auf mechanische Musikinstrumente: Er entwickelt auch Hörrohre für den tauben Beethoven und Fußprothesen für die Veteranen der napoleonischen Kriege.

Meister der Illusion

Aufsehen erregt Mälzel mit dem "Schachtürken": Ein Automat mit einem angeblich mechanischen Schachspieler im orientalischen Gewand, der schon Friedrich den Großen im Schach besiegt haben soll. Mit ihm geht Mälzel publikumswirksam auf Reisen.

Auf die Frage: "Ist der Automat eine reine Maschine oder nicht?" antwortet der Tüftler immer nur: "Ich werde nichts darüber sagen." Der junge Schriftsteller Edgar Allen Poe ist vom "Schachtürken" so begeistert, dass er ein Essay darüber verfasst. Später wird bekannt, dass der Automat "getürkt" ist und im Inneren ein Mensch die Schachzüge steuert.

In den späten 1820er Jahren siedelt Mälzel nach Amerika über, wo er am 21. Juli 1838 im Alter von 65 Jahren im Hafen von Venezuela stirbt. Sein Leichnam wird, mit Gewichten beschwert, im Atlantik versenkt.

Autor des Hörfunkbeitrags: Christoph Vratz
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Augsut 2022 an Johann Nepomuk Mälzel. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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