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Bernhard Grzimek in "Ein Platz für Tiere".

28. Oktober 1956 - Start der ARD-Sendereihe "Ein Platz für Tiere"

Stand: 25.10.2021, 16:53 Uhr

Mehr als 30 Jahre lang ist Bernhard Grzimek zur besten Sendezeit Gast in deutschen Wohnzimmern. In seiner ARD-Reihe "Ein Platz für Tiere" stellt der Frankfurter Zoodirektor exotische wie einheimische Tierarten vor, entkräftet Vorurteile gegen vermeintliche "wilde Bestien" und wirbt als einer der Ersten in Deutschland für den Artenschutz. An Grzimeks Seite sorgt jedes Mal ein "possierliches Tier" aus seinem Zoo für Überraschungen.

"Ein Platz für Tiere" wird erstmals ausgestrahlt (am 28.10.1956)

WDR ZeitZeichen 28.10.2021 14:53 Min. Verfügbar bis 28.10.2099 WDR 5


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Mitten in der Sendung wird Chita plötzlich schmusebedürftig. Die junge Gepardin legt dem Moderator ihre Tatzen auf die Schulter und leckt ihm das Gesicht. Mit geübtem Griff befördert Bernhard Grzimek die zahme Großkatze wieder auf ihren Platz. Solche Einlagen bringen den erfahrenen Zoodirektor nicht aus der Ruhe – ganz gleich, ob ihm ein Otter ins Hosenbein krabbelt, eine Boa umschlingt oder ein junger Schimpanse unversehens aufs Jackett pullert.

Am 28. Oktober 1956 präsentiert Bernhard Grzimek live zur besten Sendezeit in der ARD die erste Ausgabe von "Ein Platz für Tiere". Mit einem mal heiteren, mal ernsten "Guten Abend, meine lieben Freunde" begrüßt er von nun an 31 Jahre lang sein Publikum. Ein tierischer Begleiter aus dem Frankfurter Zoo ist jedes Mal dabei und zuverlåssig der heimliche Star der Sendung.

Keine Angst vor schockierenden Bildern

In seinem typischen nasalen Tonfall nimmt Grzimek die Zuschauer mit auf faszinierende Exkursionen zu den exotischen Tieren Afrikas, zu heimischen Feldhasen oder in gefährdete Naturregionen. Grzimek, Wiederbegründer und Direktor des Frankfurter Zoos, ist einer der ersten Experten, der nachdrücklich auf die vom Menschen bedrohte Natur aufmerksam macht. So liebevoll er den Zuschauern "possierliche Tierchen" vorführt, so wenig scheut er vor drastischen Aufnahmen zurück. Wie 1966, als er zeigt, wie lebendigen Robbenbabys brutal das Fell abgezogen wird. Ebenso regelmäßig beklagt er Missstände in der Massentierhaltung oder die radikale Abholzung der Regenwålder.

Artenschutz, das Wohl aller Tiere überhaupt, hat in Berhard Grzimeks Leben immer den ersten Platz eingenommen. Schon als Kind ist der 1909 in Schlesien geborene Juristensohn von Kleingetier umgeben und ein passionierter Zwerghuhnzüchter; "Igel" nennen ihn seine Freunde. Zum Entsetzen seiner Familie will er Tierarzt werden und setzt seinen Willen durch. An seinem ersten Studienort in Leipzig mietet Grzimek extra einen Schrebergarten, damit seine ganze Menagerie mitreisen kann.

Innovative Tierhaltung im Frankfurter Zoo

Später in Berlin leitet Grzimek neben seinem Veterinärstudium eine große Geflügelfarm. Nach dem Staatsexamen erforscht und bekämpft er im Auftrag des Preußischen Landwirtschaftsministeriums Geflügelseuchen. Von 1938 bis 1945 übt er diese Tätigkeit als Regierungsrat im Reichsernährungsministerium aus. Als der Berliner Zoo bei Luftangriffen zerstört wird, rettet Grzimek, was zu retten ist. Papageien, Wölfe und Affen finden bei ihm zuhause zeitweise Asyl.

Nach Kriegsende sucht Bernhard Grzimek in Frankfurt am Main eine neue Heimat. Die US-Besatzer wollen ihn kurzerhand zum Polizeipräsidenten machen. Grzimek lehnt höflich ab und wird auf eigenen Wunsch Chef des völlig ausgebombten Zoologischen Gartens. Bereits im Sommer 1945 strömen wieder Besucher durch den neu eröffneten Tierpark. Nicht zuletzt dank der von Grzimek eingeführten innovativen Gehege ohne Gitterstäbe steigt der Frankfurter Zoo binnen weniger Jahre zu den bekanntesten Zoos weltweit auf.

Grzimeks Sohn in Afrika abgestürzt

Anfang der 50er Jahre fliegt Grzimek erstmals mit seinem Sohn Michael nach Ostafrika, um Tiere für seinen Zoo zu fangen. Sie sollen die erste Generation eines Nachzuchtprogramms werden, das künftige Wildfänge überflüssig macht. Von ihrer berühmten "Ente" aus, einem einmotorigen Flugzeug im Zebra-Look, erforschen die beiden das Verhalten von Löwen, Elefanten und Giraffen, um deren Gehege im Zoo artgerechter gestalten zu können.

Filmplakat zu 'Serengeti darf nicht sterben'. Der Name des Films steht in großen roten Buchstaben oben auf dem Plakat. Darunter eine schwarzweiße Collage aus Tieren, einem Flugzeug einer Massaifrau und dem Kamerateam.

Ausschnitt Filmplakat "Serengeti darf nicht sterben"

1959 drehen die Grzimeks den Dokumentarfilm "Serengeti darf nicht sterben". Als erste Deutsche nach dem Krieg werden sie dafür mit einem Oscar ausgezeichnet. Der 24-jährige Michael erlebt den Triumph allerdings nicht mehr. Kurz vor Ende der Dreharbeiten kollidiert sein Flugzeug mit einem Geier; beim Absturz kommt der Pilot ums Leben.

Der Tod seines Sohnes lässt Bernhard Grzimek umso energischer für den Natur- und Artenschutz kämpfen. Die Reihe "Ein Platz für Tiere" wird zu seinem Sprachrohr. Regelmäßig schaut Grzimek dorthin, wo andere geflissentlich wegschauen oder nichts Schlimmes hinter einer vermeintlichen Idylle vermuten. Erst als Bernhard Grzimek am 13. März 1987 stirbt, wird die Sendung eingestellt.

Noch kurz zuvor hat er eine bittere Bilanz gezogen: "Wenn man sieht, was man insgesamt erreicht hat, muss ich sagen: Es ist doch sehr betrüblich, denn die Welt geht doch immer mehr in den Eimer."

Autorin des Hörfunkbeitrags: Andrea Klasen
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 28. Oktober 2021 an "Ein Platz für Tiere". Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 29.10.2021: Vor 110 Jahren: Tod des US-Verlegers Joseph Pulitzer