Abtreibungen sind in Deutschland bislang grundsätzlich rechtswidrig und nur unter bestimmten Bedingungen straffrei möglich. Völlig legal sind sie nur nach einer Vergewaltigung oder wenn sie medizinisch notwendig sind. Straffrei können Frauen außerdem eine Schwangerschaft vor dem zweiten Trimester beenden, wenn sie sich von einer anerkannten Stelle beraten lassen und eine dreitägige Wartefrist einhalten. So die bisherige, oft kontrovers diskutierte Regelung, mit der 1995 der jahrzehntelange Streit um den Paragrafen 218 beendet wurde.
Die Kommission hat nun im Auftrag der Bundesregierung eine Alternative erarbeitet. Ihr klares Votum: Schwangerschaftsabbrüche müssen außerhalb des Strafrechts geregelt und damit unter bestimmten Bedingungen legalisiert werden. Die Kommission orientierte sich dabei auch an internationalen und europäischen Standards: Frankreich hat nach einem Parlamentsbeschluss mittlerweile das Recht auf Abtreibung in die Verfassung aufgenommen. Im Abtreibungsrecht steht der Schutz des ungeborenen Lebens dem Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren eigenen Körper gegenüber.
Die bisherige Regelung habe aber verhindert, dass Frauen so gut wie möglich versorgt werden können, so die Kritik von Beratungsstellen. Eine Studie von sechs Universitäten mit über 5.000 Frauen zeigte jüngst, dass diese oft weite Wege für die Eingriffe auf sich nehmen müssen, Informationen fehlen und eine Stigmatisierung zusätzlich belastend wirke.
Andere warnen davor, dieses hochemotionale und polarisierende Thema neu zu diskutieren. Der aktuell geltende Kompromiss sei grundsätzlich immer noch tragfähig, andernfalls drohe eine gesellschaftliche Spaltung und eine Instrumentalisierung des Streits durch Radikale. Die beiden großen Kirchen positionieren sich erstmals unterschiedlich. Bei einer Anhörung der Kommission erklärte die evangelische Kirche, sie könne sich unter bestimmten Bedingungen eine Regelung außerhalb des Strafrechts – abhängig unter anderem vom Stadium der Schwangerschaft – vorstellen.
Katholische Verbände wie die Caritas und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) sowie der katholische Familienbischof Heiner Koch sprachen sich für den Schutz des Lebens "in all seinen Phasen" und die Beibehaltung der bisherigen Regelung aus. CDU-Politiker kündigten bereits an, gegen eine Neuregelung klagen zu wollen – bislang gibt es allerdings keine entsprechende Gesetzesinitiative oder Kabinettsbeschlüsse.
Wie stehen Sie zu Schwangerschaftsabbrüchen? Soll der in den 1990er Jahren errungene Kompromiss weiter bestehen? Oder braucht es eine umfassende Neuregelung, um die Situation der Betroffenen zu verbessern? Wie wichtig ist eine Entkriminalisierung von Abtreibungen? Welche Erfahrungen haben Sie mit ungewollten Schwangerschaften gemacht? Welche Hilfe für die Betroffenen halten Sie für notwendig, was muss sich ändern und welche Informationen würden Sie sich wünschen? Wie lässt sich das sensible Thema so diskutieren, dass eine Instrumentalisierung verhindert wird?
Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).
Gast: : Susanne Kujawski, Leiterin der ProFamilia-Beratung in Krefeld, ausgebildete Gynäkologin
Redaktion: Beate Wollf, Thomas Vehling und Willi Schlichting