Ein Leben ohne Musik für die meisten Menschen unvorstellbar. Fröhliche Sounds machen locker, laden leere Akkus wieder auf und erlauben, sich tanzend im Rausch der Klänge zu verlieren. Was aber hört, wer unglücklich und niedergeschlagen ist, wer Ruhe und Frieden sucht oder einfach nur träumen möchte?
Forscher haben herausgefunden, dass dann oft traurige Klänge die Musik der Wahl sind, weil sie trösten und umarmen und weil wir uns in Liedern, die das Unglück besingen – Schmerz und Liebeskummer etwa – wiederfinden.
Wie Marcel Prousts berühmtes Madeleine ist traurige Musik außerdem ein Schlüssel zu unserem enormen Erinnerungsschatz. Manchmal reicht der Fetzen einer Melodie und schon fühlen wir uns zurückversetzt in eine andere Zeit. Bilder steigen auf, von der verlorenen Liebe, einem Menschen, der für immer von uns gegangen ist oder vom Land der Kindheit.
Solche Melodien können überfallartig wie ein Flashback kommen und vielleicht sogar zum Weinen bringen. Diese Erinnerungswellen lassen sich aber auch steuern. Wenn Menschen bewusst in eine Zeit zurückkehren möchten, in der sie glücklich waren. Die Musik ist der Schlüssel dazu. Sie öffnet für den Augenblick das Tor ins Sehnsuchtsland.
Genau deshalb läuft so mancher traurige Song in Dauerschleife, wieder und wieder, weil er den Kontakt zu einer Vergangenheit herstellt, die es so nicht mehr gibt. Solange die Musik spielt, läuft der verborgene Film auf der Netzhaut unserer Seele ab. Glück und Schmerz sind in diesem Moment unauflöslich miteinander verbunden.
Autorin: Jane Höck
Redaktion: Gundi Große