Die zwölfte Strafkammer des Landgerichts Essen musste in einem schwierigen Fall entscheiden: Der Arzt Johann Spittler hatte 2020 einem psychisch kranken Mann Suizidhilfe geleistet. Durfte er das? Im Prinzip steht es jedem Menschen frei, Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen, entschied das Bundesverfassungsgericht 2020 in einem historischen Urteil. Die Richter benannten seinerzeit eine einzige Voraussetzung: Der Suizident muss sich aus freiem Willen für die Selbsttötung entscheiden.
Auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung können prinzipiell dazu in der Lage sein. Allerdings verändert beispielsweise eine Depression unter Umständen das Denken, Fühlen und Wollen eines Menschen.
Wo ist die Grenze? Wie sorgfältig muss ein Arzt den Zustand eines psychisch kranken Sterbewilligen erkunden, um "Freiverantwortlichkeit" festzustellen? So heißt der freie Wille im Juristenjargon.
Der Fall des Oliver H. ist der erste, bei dem ein Gericht diese schwierigen Fragen im Detail untersuchen und bewerten musste. Weitere Fälle laufen bereits an anderen Gerichten. Weil es vom Gesetzgeber keine genauen Kriterien gibt, ist es an den Gerichten, Leitplanken für die Suizidhilfe zu setzen.
Autorin: Martina Keller
Redaktion: Julian Troost
Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Wer Suizidgedanken hat, dreht sich dabei innerlich meist im Kreis. Dadurch wirkt die Situation festgefahren, der Teufelskreis lässt sich aber durchbrechen. Anonyme und kostenlose Hilfe finden Betroffene zum Beispiel bei der Telefonseelsorge unter den Rufnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 sowie 116 123. Per Chat bietet die Telefonseelsorge auf dieser Webseite Unterstützung. Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention listet hier Beratungsstellen für persönliche Gespräche auf.