Holocaust, Menschlichkeit und Psychotherapie

Stand: 04.09.2020, 11:56 Uhr

"Ich bin nicht sicher, ob ich wirklich lieben kann," rutschte Peter Pogany-Wnendt in einem Gespräch mit seiner jüdischen Mutter heraus. Seitdem befasst er sich mit der Frage der Menschlichkeit. Die Weitergabe von Holocaust-Traumata ist sein Lebensthema.

Der Tag, an dem er in einem Telefonat die Wahrhaftigkeit seiner Liebe infrage stellte, markiert einen Wendepunkt in seinem Leben. Niemals zuvor hatte er, 1954 in Budapest geboren, Zweifel an der Evidenz seiner Liebe gehegt. "Als Sohn liebte ich meine Eltern, als Ehemann meine Frau, als Vater meine Tochter und als Arzt und Psychotherapeut meine Patienten. Als kritisch denkender Mensch machte ich mir Gedanken über die Ungerechtigkeiten dieser Welt," sagt er. 1956 flohen die Eltern aus Sorge um die politische Entwicklung in Ungarn mit dem Kleinkind nach Chile, 1970 aus Angst  nach Deutschland.

Pogany-Wnendt ließ sich lange Haare wachsen, was seinem konservativen Vater verärgerte. Dieser verheimlichte in Deutschland, dass er Jude war. Der Sohn, nicht religiös, rang immer offener um seine Identität. Als er eine nicht-jüdische Frau aus Deutschland heiraten wollte, entschied er, den Nachnamen seiner Frau anzunehmen. Sein Vater reagierte so erbost, dass er ihm drohte ihn zu enterben. Erst viel später konnte Pogany-Wnendt seinen Vater verstehen.

Der jüdische Psychotherapeut Peter Pogany-Wnendt arbeitet in Köln mit Kindern von Nazi-Opfern und von Nazi-Tätern in einem Arbeitskreis.

Autor: Ingo Zander
Redaktion: Gerald Beyrodt

Buchtipp
Der Wert der Menschlichkeit / Peter Pogany-Wnendt / Psychosozial-Verlag / 2019 / 389 Seiten / 44,90 Euro

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