Erlebte Geschichten 04.01.2022)
Mechthild Kemper, Schreibwarenladenbesitzerin
Stand: 16.12.2021, 13:24 Uhr
Es war einer der letzten seiner Art. Nach fast einem halben Jahrhundert musste Mechthild Kemper ihren Schreibwarenladen, das Kleine Kaufhaus Kemper, im Dortmunder Kreuzviertel schließen.
Von Andrea Kath
Mechthild Kemper war eine geschätzte Institution. 45 Jahre lang hat die gelernte Industriekauffrau "ihr Baby", wie sie ihren kleinen Schreibwarenladen nennt, geführt. 50 Quadratmeter, wo sich jung und alt trafen. Der Dreh- und Angelpunkt des Viertels - und auch von Mechthild Kempers Leben.
Wenn jemand eine Zeitung, Schreibhefte oder Filzstifte brauchte, dann hieß es: "Geh zu Frau Kemper, da bekommst Du alles." Sie kannte ihre Kunden mit Namen, hatte immer ein offenes Ohr. Hier durften selbst die Kleinsten ihren Lolli oder ihr Eis ohne Eltern alleine einkaufen.
Es war eines jener Lädchen, die es heute kaum noch gibt. Eine Art Nachrichtenzentrale des Viertels, wo man nicht nur die Tageszeitung kaufte, sondern auch einfach mal auf ein Schwätzchen vorbeikam. Die gebürtige Dortmunderin erlebte den Wandel des Viertels - und den ihrer Kunden. Viele alterten mit ihr und kamen irgendwann mit Kindern oder Enkelkindern vorbei.
Mitte der 1970er Jahre war sie von der Wohnungsverwaltung eines großen Stahlkonzerns im Ruhrgebiet zu den Schreibwaren gewechselt. Das bedeutete von da an: Sehr viel Arbeit, sehr wenig Freizeit. Ans Aufhören dachte sie in all den Jahren trotzdem nie.
Vor einigen Monaten hat ihr der Besitzer der Immobilie überraschend zum Jahresende gekündigt. Nun ist Mechthild Kemper seit Anfang des Jahres - wenn auch unfreiwillig - im wohlverdienten Ruhestand.
Redaktion Gesa Rünker