Sein Vater folgte dem Rat seines Onkel, dem Nobelpreisträger für Chemie Carl Bosch, wegen des bevorstehenden Kriegs Arzt und nicht Chemiker zu werden. Die Eltern des Soziologen Gerhard Bosch erwarteten zwar von ihm, dass auch er Akademiker wird, aber ließen ihm freie Wahl, was er studierte. Gerhard Bosch studierte in Köln Volkswirtschaft und Soziologie und engagierte sich im SPD-nahen Sozialistischen Hochschulbund (SHB), der eine enge Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Betriebsräten suchte.
Schon in den 1980er Jahren hatte Gerhard Bosch beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB über mehr Zeitsouveränität in der Arbeitswelt nachgedacht , stieß damit bei den Gewerkschaften aber auf wenig Gegenliebe. "Damals thematisierte Gerhard Bosch Veränderungen in der Arbeitswelt wie Feminisierung der Arbeit und Wünsch nach flexiblen Arbeitszeiten. Wir dachten, das könne nicht im Interesse der Gewerkschaften sein. Das war falsch, " erinnerte sich später DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann in einer Laudatio auf ihn.
Als nach dem Fall der Mauer in den neuen Bundesländern Millionen Ostdeutsche arbeitslos wurden, fanden viele von ihnen Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften ein Auffangbecken. Das Konzept dafür hatte Gerhard Bosch für die Gewerkschaften mitformuliert. Die sozialen Verwerfungen wären ohne diese Auffangbecken wohl noch schärfer ausgefallen. Auch die Einführung Mindestlohns im Jahre 2015 regte er mit an und bereitete er durch seine Forschungen vor.
Mit seinem Team im Institut Arbeit und Qualifikation hatte er an der Universität Duisburg-Essen die Arbeitsbedingungen und Löhne in unterschiedlichen Branchen empirisch untersucht Das Ergebnis war erschütternd: "Es wurden Löhne von fünf, sechs Euro bezahlt, die in anderen europäischen Ländern mit Mindestlöhnen undenkbar waren," erinnert er sich.
Gerhard Bosch plädierte für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns – der Widerstand war groß, besonders in der Zunft der deutschen Ökonomen. "Da gab es Schreibtisch-Rechnungen wonach über drei Millionen Arbeitsplätze verloren gehen."
2015 wurde der gesetzliche Mindestlohn dann eingeführt. "Die Beschäftigung ist nicht zurückgegangen, und das war natürlich ein Riesenerfolg. Und ich würde mir wünschen, dass die ganzen Professoren in Deutschland, die Gegner den Mindestlohn waren, sagen würden, wir haben uns geirrt. Keiner von den deutschen prominenten. Ökonomen hat das gemacht."
Redaktion: Gesa Rünker