Vitos Herz ist kaputt. Ganz allein hockt er in seiner kalten Altbauwohnung in Berlin Kreuzberg. Seine Freundin – jetzt Ex – ist ausgezogen. Mit frischen 30 Jahren ist Vito also wieder Single und fühlt sich super einsam. Denn wirklich jemand zum Reden ist da nicht mehr. Sein Vater ist zwar Diplom Psychologe, aber im Umgang mit seinem Sohn hilft ihm das auch nicht weiter. Er weiß zwar, dass es Vito nicht gut geht, aber nicht wie er ihn trösten soll. Deshalb spricht er das Thema gar nicht erst an.
Dabei wünscht sich Vito nichts mehr als endlich mal wieder in den Arm genommen zu werden. Am liebsten von seiner Mutter. Doch die ist an Krebs gestorben, als er 17 Jahre alt war. Und als wären Trennungsschmerz und Kindheitstrauma nicht genug, fühlt Vito sich auch beruflich als führe er endlos mit der Ringbahn im Kreis. Eigentlich ist er Schauspieler, einen richtigen Auftrag hatte er aber schon lange nicht mehr.
Alles, was ihm bleibt, ist die Eckkneipe. Hier, am Tresen bei Claudi, findet er Zuflucht und ertränkt seine Sorgen in Bier. Das lässt ihn vergessen und schmeckt noch dazu herrlich. Und so ist Vito die meiste Zeit betrunken oder zumindest verkatert. Die wenigen Termine, die er noch hat, verpasst oder vergisst er. Auf die Reihe bekommt dieser Vito nichts mehr.
Trotzdem schließt man ihn gleich ins Herz. Denn dieser Einsame reflektiert sich selbst und sein Verhalten und bemüht sich, Dinge besser zu machen. Er scheitert zwar an der Welt, sucht aber immer eine Verbindung zu ihr. Er schwankt zwischen Trauer und Euphorie und verliert sich in Tagträumen, die scheinbar in die Realität kippen.
Aus einem imaginierten Flirt wird, schwupps, eine echte Knutscherei. Die Fahrt mit dem IC von Leipzig nach Berlin stoppt unerwartet in der Lutherstadt Wittenberg, wo alles unter Wasser steht. Und am Ende wird Vito auf dem Weg zum Atlantik, wo er früher Urlaub mit seinen Eltern gemacht hat, zum Geisterfahrer – oder doch nicht?
Anton Weil lässt die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwimmen und macht damit den Ausnahmezustand, in dem sich sein Protagonist befindet, spürbar. Dabei entfaltet Weils rasanter Sound einen enormen Sog, der einen erst nach der letzten Seite wieder ausspuckt. "Super einsam" ist eine mitreißende Erzählung über die Suche nach Halt und Zugehörigkeit, Identität und Männlichkeit. Ein ehrliches und kurzweiliges Debüt!
Eine Rezension von Amanda Andreas
Literaturangaben:
Anton Weil: Super einsam
Kein & Aber, 240 Seiten, 22 Euro
Lesetermine in NRW:
29. November im Buchsalon Ehrenfeld
30. November im Schauspielhaus Bochum