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Der deutsche Schriftsteller bulgarischer Abstammung Ilija Trojanow

Autor im Gespräch

Ilija Trojanow über Heinrich Böll

Stand: 30.11.2017, 13:22 Uhr

Böll gehört zu Ilija Trojanows ersten Lektüren auf Deutsch. Und zu seinen prägenden. Gerade hat Trojanow den Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln bekommen und erzählt im Gespräch mit Rebecca Link, wie er den Autor seiner Jugend über die vergangenen Monate wiederentdeckt hat.

Der "Weltensammler" Ilija Trojanow — 1965 geboren in Bulgarien, 1971 geflohen nach Deutschland und aufgewachsen in Kenia — war Teenager und hatte gerade erst Deutsch gelernt, als er zum ersten Mal Heinrich Böll las. Ab 20 begann dann eine lange Böll-Pause — in deren Verlauf er selber ein gefeierter Schriftsteller und Publizist wurde.

"Ich freue mich darauf, ihn wiederzulesen", sagte Trojanow im Mai in einem Zeitungsinterview, als er erfuhr, dass er ziemlich genau 100 Jahre nach Bölls Geburt für sein Schreiben und sein politisches Engagement den Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln verliehen bekommen würde.

"Sein politisches Engagement war mir ein Leben lang sehr gegenwärtig", sagte Trojanow, "Auch als Trost. Denn ich bin ja auch immer wieder angefeindet worden – zum Beispiel als ich mit Juli Zeh das Buch gegen den Überwachungsstaat geschrieben habe." Böll war immer politisch, ohne dass das Literarische darunter litt. Das ist Trojanow auch.

Beide Autoren zeigen ein feines Gespür dafür, was es mit Menschen macht, wenn sie sich zu (totalitären) Machtstrukturen verhalten müssen. Beide beschreiben, ob am Beispiel des Kriegsheimkehrers, des Überwachten oder des Flüchtlings, wie einschneidende Erfahrungen einen Menschen von sich selbst und anderen entfremden. Und beide sind enorm witzig.

Eine Würdigung von Fabian May

Literaturangaben:
Ilija Trojanow: Nach der Flucht
S. Fischer, 126 Seiten, 15 Euro

Ilija Trojanows Böll-Lektüre-Empfehlungen, wenn er nur drei nennen dürfte, sind:

Heinrich Böll: Doktor Murkes gesammeltes Schweigen. Satiren.
Kiepenheuer & Witsch, 160 Seiten, 10 Euro

Heinrich Böll: Entfernung von der Truppe. Erzählungen.
Dtv, 160 Seiten, 5.01 Euro

Heinrich Böll: Ende einer Dienstfahrt
Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten, 13.90 Euro