Der 1970 in der sächsischen Kleinstadt Großröhrsdorf geborene Tom Schulz wuchs in Ost-Berlin auf. Er ist Dozent, Herausgeber und Übersetzer. Aber vor allem ist er ein Lyriker. Seit 1991 hat er 13 Gedichtbände veröffentlicht und mindestens so viele Preise und Stipendien erhalten und das mal zu Recht.
Sein neuestes Werk hat Tom Schulz in drei Kapitel unterteilt. Das erste führt uns nach Italien. Gedichte mit den schönen Überschriften wie "Durchs Fenchelgrün gesehen die Welt" oder "An erster Stelle steht das Meer" fangen Dinge und Gedanken ein, die Tom Schulz bewegen und das kann zwischen Mensch und Natur vieles sein. Auch das sich verändernde Klima.
Im zweiten Kapitel bringt uns der Dichter verschiedene Geistesgrößen nahe. "Brentano im Langenwinkel", "Nietzsche in Tautenburg" und "Auden in Kirchstätten". Der Englisch-US-amerikanische Dichter Wystan Hugh Auden hatte ein kleines Haus im niederösterreichischen Kirchstetten gekauft. Tom Schulz schreibt: "Im Hinterholz. Als schlappte er in Pan- / toffeln aus dem Hotel auf den Asphalt, in Berlin / oder Manhattan."
Einiges hat Tom Schulz aus dem Leben all dieser Größen zusammengetragen und in Versen so verdichtet, dass wir sie förmlich vor uns sehen können. Herr Ovid, niemand anderes als der römische Dichter Publius Ovidius Naso, begegnet uns dann im dritten Teil.
Tom Schulz hat ihn ins Hier und Jetzt katapultiert, wo er ins "Finanzamt vorgeladen" wird oder in der ZEIT blättert. "Herr Ovid liest über sich in der ZEIT. / Der größte Dichter weit und breit. / Seiner Zeit." Diese Zeilen hätten auch von Robert Gernhardt oder F.W. Bernstein stammen können und zeigen, dass Herr Schulz auch das Leichte beherrscht.
"Die Erde hebt uns auf" ist ein äußerst erfrischender und sehr inspirierter Spaziergang mit einem zeitgenössischen Dichter, der uns eine Welt offenbart, die viele Überraschungen bereithält. Erstklassig.
Eine Rezension von Matthias Ehlers
Literaturangaben:
Tom Schulz: Die Erde hebt uns auf. Gedichte.
Verlag Poetenladen, 2024
72 Seiten, 19,80 Euro