Der Name ist Programm: Auf der Ochsentour treffen wir auf schottische Rinder

In der Wistinghauser Senne bei Oerlinghausen im Kreis Lippe können wir ein sehr besonderes Naturschutzgroßprojekt miterleben. Hier wird ein Industrieforst in einen lichten Eichenwald umgestaltet. Rinder und Ponys helfen dabei.

Schottisches Hochlandrind

Auf der Ochsentour kommt man den schottischen Hochlandrindern sehr nahe. Es tut gut, bei den Tieren zu stehen und das Herdenleben zu beobachten. Etwa siebzig Rinder leben auf der 300 Hektar großen Fläche.

Auf der Ochsentour kommt man den schottischen Hochlandrindern sehr nahe. Es tut gut, bei den Tieren zu stehen und das Herdenleben zu beobachten. Etwa siebzig Rinder leben auf der 300 Hektar großen Fläche.

Das ist Armin. Alle Rinder hier tragen Namen und die meisten von ihnen sind in der Wistinghauser Senne zur Welt gekommen. Es wird darauf geachtet, dass man den Bestand mit anderen Blutlinien durchmischt, um Inzucht zu vermeiden. Die Rinder leben ganzjährig draußen und leben von dem, was auf der Fläche wächst.

Schottische Hochlandrinder seien die "Labradore unter den Rinderrassen", sagt Dirk Grote vom Kreis Lippe, der als Landschaftspfleger in der Wistinghauser Senne arbeitet und die Rinder gut kennt. Sie seien sehr friedfertig und an Hunde und Spaziergänger gewöhnt.

Das 300 Hektar große Gebiet ist in unterschiedliche Koppeln aufgeteilt, die abwechselnd beweidet werden. Der Spaziergänger passiert während der etwa zehn Kilometer langen Ochsentour diese Weidegatter. Innerhalb der Koppeln ist man dann nicht mehr von Rindern oder Ponys durch einen Zaun getrennt. Hunde sind deshalb anzuleinen.

In der Wistinghauser Senne bei Oerlinghausen leben auch Exmoor-Ponys. Diese Ponys aus dem kargen und windgepeitschten englischen Exmoor gleichen noch heute den eiszeitlichen Urwildponys. Die seltene Rasse, die als die älteste Englands gilt, hat sich über die Jahrtausende kaum verändert. Woran man die etwa 1,30 Meter großen Ponys sofort erkennt: An den hellen Mäulern (Mehlmaul genannt) und den hell umrandeten Augen.

Das Fell der Exmoor-Ponys ist sehr dicht und extrem wasserabweisend. Aus diesem Grund können sie ganzjährig frei in der Senne leben. Sie müssen auch nicht zugefüttert werden. Das würde den Tieren eher schaden – durch zu eiweißreiche Kost werden sie krank. Aus diesem Grund dürfen Spaziergänger die Pferde auf keinen Fall mit Brot, Möhren oder Äpfeln füttern.

Exmoor-Ponys kommen als Dunkelbraune, Braune und Mausfarben vor. Hier kann man gut das Mehlmaul erkennen. Die Ponys leben hier zwar eingezäunt, aber auf großer Fläche. Das kommt der Natur von Pferden entgegen. In freier Wildbahn legen sie pro Tag um die dreißig Kilometer zurück, um Nahrung und Wasser zu finden.

So soll die Landschaft hier zukünftig aussehen: Fichten sind entnommen worden, um lichte Eichenwälder zu schaffen. Vorbild ist die spanische Extremadura, eine weite Offenlandschaft mit vereinzelten großen Bäumen, unter denen die Tiere Schatten und Früchte – etwa Eicheln – finden.

Große Weidetiere halten die Landschaft offen, indem sie Büsche und hochkommende kleine Bäume fressen oder ihnen anderweitig zusetzen. Indem die Rinder sich an kleinen Bäumen scheuern oder die Hörner daran reiben, brechen sie die Bäume, die hochkommen wollen. Das ist erwünscht.

Kleine Bäume, die wachsen sollen, werden geschützt. Gewünscht ist auch, dass Rinder und Pferde die Bäume verbeißen, sodass sie nicht wie Bäume für die Holzindustrie gerade hochwachsen, sondern zu "verkrüppelten" Bäumen werden, die durch Verbiss in die Breite wachsen und deshalb mehr Schatten spenden.

Über Jahrtausende war Europa bedeckt von Offenland und Waldwiesen, die von großen Weidetieren wie Wisenten, dem Tarpan, Woll-Nashörnern, Wald-Elefanten und dem Auerochsen offen gehalten wurden. Es ist erwiesen, dass diese Landschaften die höchste Biodiversität aufweisen. In der Wistinghauser Senne hat sich, seit 2011 hier Weidetiere die Landschaft pflegen, das Vorkommen von Rote-Liste-Arten verzehnfacht.

Die Tiere tragen Pflanzensamen in ihrem Fell. So verteilen sich Sporen und Samen gut über die gesamte Fläche der Wistinghauser Senne. Was das Vogelvorkommen betrifft: Hier leben Ziegenmelker, Neuntöter, Raubwürger, Schwarzkehlchen und sogar der Wiedehopf ist hier gesichtet worden.

Auf nicht zugänglichen Koppeln leben diese Rinder. Sie sind Teil des Auerrindprojektes. Im Rahmen dieses Projektes soll ein Rind gezüchtet werden, das dem Auerochsen genetisch, phänotypisch und von seinem Verhalten her nahe steht. Für diese "Rückzüchtung" des Auerochsen, der im 17. Jahrhundert ausgestorben ist, kreuzt man Chianina- und Maremmana-Rinder aus Italien, Watussi aus Afrika, Sayaguesa aus Spanien und ungarische Steppenrinder miteinander, um wieder einen großen Pflanzenfresser für halboffene Landschaften zu bekommen.

Am Auerrindprojekt in der Wistinghauser Senne sind der Kreis Lippe, die Biologische Station Kreis Paderborn/Senne und übergeordnet das Auerrindprojekt Lorsch beteiligt. Die Rinder leben auf eingezäunten Arealen. Spaziergänger können die Tiere über den Zaun beobachten.

Hier in der Sandgrube Hassler wird deutlich, wie tief die Sandschicht in der Senne ist: bis zu sechzig Metern. Entstanden ist die Senne vor 200.000 Jahren – durch einen abschmelzenden Gletscher aus Skandinavien, der sich über die Ostsee bis an den Rand des Ruhrgebiets ausdehnte. Dieses Gletscher-Schmelzwasser schob große Mengen Sand vor sich her. Hinter der Sandgrube beginnt der Teutoburger Wald mit einem ganz anderen Boden. Der Teutoburger Wald hat kalkhaltiges Gestein.

Stand: 03.01.2025, 13:45 Uhr