Bach zeigt sich hier von einer menschlichen und humorvollen Seite wie in kaum einem anderen Werk. Die Cembalistin Christine Schornsheim spielt die Goldberg Variationen seit über 30 Jahren. "Wieviel des menschlichen Lebens steckt in diesen Variationen und der perfekten Symmetrie und Architektur", schreibt sie im Begleitheft zu ihrer aktuellen Neuaufnahme. "Nach den 30 Variationen mit allen nur denkbaren Affektwechseln wieder bei der Aria anzukommen, hat etwas Schmerzliches und Tröstliches zugleich. Noch nie habe ich im Konzert in diesem Moment Müdigkeit verspürt, wohl aber Trauer über die Endlichkeit, nicht selten aber auch einen tiefen Frieden."
Tatsächlich sind Bachs "Goldberg Variationen" BWV 988 vor allem wegen ihrer großen Kunstfertigkeit und Vielfalt berühmt. Die virtuosen Herausforderungen sind nicht nur gefürchtet, sondern ziehen die Interpreten regelrecht in ihren Bann. Die Lust und Freude am Spiel mit den Tasten wird jedes Mal größer.
Auch der planvolle symmetrische Bau des umfangreichen Variationszyklus fasziniert. Am Anfang und Ende steht dasselbe Thema: die langsam schreitende Aria. Eine prachtvolle französische Ouvertüre markiert die Mitte des Werkes. Außerdem teilen sich die dreißig Variationen in zehn Dreiergruppen, die jeweils ein Charakterstück, eine virtuose Variation und einen Kanon enthalten.
1741, mit 56 Jahren, lässt Johann Sebastian Bach sein umfassendes Variationswerk erstmals drucken, und zwar unter dem umfangreichen Titel "Clavier Übung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen Veränderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen". Den heute so bekannten Namen "Goldberg" bringt über 50 Jahre nach Bachs Tod sein erster Biograph Johann Nikolaus Forkel ins Spiel. Den Erinnerungen der Bach-Söhne zufolge soll der jugendliche und hochbegabte Cembalo-Schüler Johann Gottlieb Goldberg die 30 Variationen einem russischen Gesandten am Dresdner Hof in dessen schlaflosen Nächten vorgespielt haben.
Für die Neuaufnahme der Bach'schen "Goldberg Variationen" hat Christine Schornsheim eines ihrer Lieblings-Cembali gewählt: den Nachbau eines Instrumentes aus dem Jahre 1710 von Michael Mietke, aus dessen Berliner Werkstatt Bach selbst sich ein Cembalo bestellt hatte.
Christine Schornsheim erläutert die verschiedenen Tempomöglichkeiten, aber auch die vielfältigen Charaktere, Stimmungen, Spielweisen und Herausforderungen der "Goldberg Variationen" BWV 988, aber auch ihre lebenslange Auseinandersetzung mit dem Werk als Interpretin.
Eine Collage von Antonia Ronnewinkel
Redaktion: Eva Küllmer
J.S. Bach: Goldberg Variationen
Christine Schornsheim (Cembalo)
Label: Carpiccio
Bestellnummer: C5286