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Roberta Mameli (Adone) und Xavier Sabata (Venere) in "Il giardino d'amore" von Alessandro Scarlatti im Neusser Globe Theater

25.08.2022 - Alessandro Scarlatti, "Il giardino d'amore" im Globe Theater Neuss

Stand: 25.08.2022, 09:30 Uhr

Um was geht es in Alessandro Scarlattis Serenata „Il giardino d’amore“. Eigentlich geht es um nichts. D. h. es passiert nichts, aber das über die Dauer von einer Stunde auf äußerst gezierte und kunstvolle Weise. Venus ist in Adonis verliebt, er dagegen zögert noch ein bisschen. Das drückt er in gestelzter Barocksprache mit Worten aus wie „Cupido führt einen Kampf gegen mich, wenn Venus nicht bei mir ist“. Dazu spielt Dorothee Oberlingers Ensemble 1700 im Neusser Globe Theater eine martialische Kriegsmusik mit Trompeten und Pauken, die auf der Balustrade platziert sind.

Wir sind im Barock, und da ist alles Spiel und Schein. Wenn Venus leidet, tut sie das nicht wirklich. Wenn Adonis Angst davor hat, dass sie ihm heuchelt, ist das nicht wirklich der Fall. Es kommt auf den kunstvollen Ausdruck der Affekte an, nicht auf psychologische Wahrheit, und deswegen spielte es auch keine Rolle, dass es keine wirkliche Handlung gibt. Das Repertoire dieser Affekte, Schmerz, Wut, Sehnsucht, Vergnügen usw. ist übersichtlich, ebenso die dazu passenden musikalischen Figuren und auch die Gesten, die die beiden Darsteller zeigen müssen, um das Affektgeschehen nicht nur klanglich sondern auch sichtbar zu zeigen.

Regisseur Nils Niemann hat die barocken Gesten mit dem Countertenor Xavier Sabata und der Sopranistin Roberta Mameli aufs Sorgfältigste einstudiert. So singt Sabata als Venus vom Leid in ihrem Herzen und führt die rechte Hand zum Herz, und Zuschauer sieht (und hört), um was es geht. Eine innerliche Abwendung durch Drehung des Oberkörpers, Zuwendung durch Kopfbewegung, alles erlebt man in den Gesten so direkt wie die Musik. Sie machen aus der Serenade ein vollständiges barockes Kunstwerk.

Und in diesem Zusammenspiel der Ausdrucksarten gewinnt das Crossdressing seinen besonderen Reiz, die Frau als Adonis und der Mann als Venus in seiner stattlichen Figur, aber prächtig in Tüll, Stoff und Perücken gekleidet von Johannes Ritter. Er wird hier ganz und gar zu einer barocken Kunstfigur, die einen so lebendig anschaut wie die Figuren aus Rubens Gemälde „Venus und Adonis“. Dazu passt der warme und geschmeidige Ton seiner Counterstimme wie andererseits die hüpfenden und beweglichen Stimmgirlanden von Mameli, die aussieht wie ein junger römischer Kämpfer.

Das Globe Theater in Neuss, wo sonst das Shakespeare Festival stattfindet, erwies sich trotz der räumlichen Beschränkung als fast idealer Ort, denn das Publikum ist, auch wenn es in den Rängen sitzt, nah dran. Auf der kleinen Bühne wurde die gelungene Illusion eines barocken Kulissentheaters per Videoprojektion von Torge Møller auf eine Projektionsfläche geworfen, denn Platz für Kulissen gibt es nicht.

Dorothee Oberlinger dirigierte mit sparsamen Gesten von der Seite. Sie musste da gar nicht viel tun, denn die Musiker hatten sehr gut geprobt und erfüllten die eher trockene Akustik mit einem beweglichen, musikalisch-rhetorischen Detailklang und rahmten nicht nur optisch die beiden Darsteller von links und rechts ein.

24.08.2022 (einzige Vorstellung)

Besetzung:
Adone: Roberta Mameli (Sopran)
Venere: Xavier Sabata (Alt)

Ensemble 1700
Musikalische Leitung und Blockflöte: Dorothee Oberlinger
Regie: Nils Niemann
Bühne und Kostüme: Johannes Ritter
Videodesign: Torge Møller