Klage gegen Legasthenie-Eintragung

Aktuelle Stunde 22.11.2023 UT Verfügbar bis 22.11.2025 WDR Von Cengiz Ünal

Wie NRW-Schulen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche umgehen

Stand: 22.11.2023, 15:54 Uhr

In Bayern wurden Abiturienten benachteiligt, da ihre Legasthenie im Zeugnis vermerkt wurde. So hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt. Wie geht NRW mit Schülern um, die unter Lese-Rechtschreib-Schwäche leiden?

Von Christina Höwelhans

"Wegen Legasthenie wurde Rechtschreibung nicht bewertet": So oder ähnlich stand es 2010 als Bemerkung im Zeugnis von drei Abiturienten in Bayern. Die Männer haben dagegen geklagt - sie fühlten sich diskriminiert und befürchteten, auf dem Arbeitsmarkt Nachteile zu haben. Und das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch (22.11.2023) geurteilt, dass sie neue Abizeugnisse ohne den Legasthenie-Vermerk bekommen müssen.

Grundsätzlich dürfe vermerkt werden, wenn bestimmte Teilleistungen nicht bewertet wurden. Das dürfe aber nicht auf Fälle von Legasthenie beschränkt werden, sondern müsse alle Störungen und Behinderungen umfassen. Andernfalls würden Schülerinnen und Schüler mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche benachteiligt, so das Gericht. Da es solche Vermerke 2010 in Bayern nur für Legastheniker gab, haben die ehemaligen Abiturienten Recht bekommen.

In NRW gibt es den Vermerk im Zeugnis nicht

Nach Angaben des Düsseldorfer Schulministeriums betrifft das Urteil Nordrhein-Westfalen nicht, da es hier den entsprechenden Vermerk im Zeugnis nicht gebe. Zwar wird in NRW auf Schülerinnen und Schüler mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche Rücksicht genommen. Diese Sonderbehandlung darf allerdings nicht im Zeugnis vermerkt werden.

So gibt es zum Beispiel spezielle Regeln in schriftlichen Prüfungen: Legastheniker bekommen mehr Zeit oder andere Aufgaben. Als Nachteilsausgleich wird diese Rücksichtnahme bezeichnet. Außerdem wird die Rechtschreibung nicht in die Note für die Prüfung einbezogen. Letzteres gilt aber nur bis maximal einschließlich Klasse 10 - und nicht für die Oberstufe, also nicht für das Abitur.

Kommentar: Legasthenie und das weitere Vorgehen

01:28 Min. Verfügbar bis 22.11.2025


Fördermaßnahmen dürfen im Zeugnis stehen

Wenn der Schüler oder die Schülerin an einer Fördermaßnahme wegen ihrer Lese-Rechtschreibschwäche, etwa an einem zusätzlichen Kurs in einer Kleingruppe, teilgenommen hat, darf das auch in NRW im Zeugnis stehen. Solche Fördermaßnahmen gibt es bis maximal zur zehnten Klasse.

Besondere Regeln in Prüfungssituationen gibt es in NRW auch für Schülerinnen und Schüler mit anderen Einschränkungen: Beispielsweise für Autisten oder Kinder mit einer Sehschwäche. Auch in diesen Fällen darf der sogenannte Nachteilsausgleich angewendet werden.

Auch wenn die Regelungen in NRW mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts konform gehen, hat das NRW-Schulministerium angekündigt, sich das Urteil nochmal genau anzuschauen, um zu prüfen, ob Änderungen an den NRW-Regelungen sinnvoll sind.

Unsere Quellen:
- AFP
- Schulministerium NRW
- Verband Bildung und Erziehung NRW

Über dieses Thema berichtet der WDR am 22.11.23 auch bei WDR 2.

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