Geldbeutel mit Geldscheine: steigende Lebensmittelpreise

Streik, mehr Lohn und hohe Inflation: Droht uns ein Teufelskreis?

Stand: 27.03.2023, 16:52 Uhr

Beim Super-Streik am Montag demonstrieren die Gewerkschaften ihre Macht. Sie fordern deutlich höhere Löhne. Das könnte die Inflation weiter anheizen. Droht eine Lohn-Preis-Spirale?

Von Jörn Seidel

Schon lange vor dem Super-Streik-Tag am Montag mahnte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Tarifpartner zur Vernunft. Man müsse eine "dauerhafte Inflationsspirale" verhindern, sagte er im Sommer. Ist die Sorge vor einer Lohn-Preis-Spirale, die die Inflation noch weiter anheizt, berechtigt?

Was ist die Lohn-Preis-Spirale?

Von einer Lohn-Preis-Spirale sprach man zum Beispiel Mitte der 1970er-Jahre. Damals wurde im Tarifstreit für den Öffentlichen Dienst ein Lohnabschluss oberhalb der Inflationsrate erzielt. Die Folge: Die deutlich höheren Löhne trieben die Preise weiter nach oben.

Denn wenn die Kommunen höhere Gehälter zahlen, muss auch mehr Geld reinkommen, zum Beispiel durch höhere Kita-Gebühren. Genauso ist es bei Firmen, die nach Tarifabschlüssen die Preise für ihre Produkte anziehen. Die Inflation steigt weiter an. Und die Gewerkschaften fordern wiederum nochmals höhere Löhne.

Schaukeln sich Lohn und Preise in hohem Tempo hoch, spricht man von einer Lohn-Preis-Spirale - ein Teufelskreis.

Lohn-Preis-Spirale

Lohn-Preis-Spirale

Wie groß ist die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale?

Hagen Lesch, Institut der deutschen Wirtschaft

Hagen Lesch, Institut der deutschen Wirtschaft

Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten. Hagen Lesch, Tarifexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, hält eine Lohn-Preis-Spirale durchaus für möglich. "Das hängt nicht nur mit der Inflation zusammen, sondern auch mit dem Arbeits- und Fachkräftemangel", sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio.

"Insofern werden wir sowieso in den nächsten Jahren eine Lohnpolitik bekommen, die insgesamt preistreibender werden wird." Hagen Lesch, Institut der deutschen Wirtschaft

Das sei schlicht und einfach der Situation auf dem Arbeitsmarkt geschuldet, so Lesch.

Anders sieht das Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesarbeitsagentur. Zwar könnten nach dem "Energiekostenschock", der auch andere Preise hochgetrieben habe, "starke Lohnsteigerungen Preise weiter erhöhen", sagte Weber am Montag.

Bei den Energiepreisen zeige sich aber bereits eine Entspannung. Ein Teufelskreis ist daher seiner Ansicht nach nicht zu erwarten.

"Die Gefahr einer Preis-Lohn-Spirale scheint angesichts sich normalisierender Energiepreise und Lieferketten gering." Enzo Weber, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Auch Linda Staude aus der WDR-Wirtschaftsredaktion verweist auf die sinkenden Energiepreise - und die Inflationsrate, die längst nicht mehr stark ansteigt.

Linda Staude

Linda Staude, WDR-Wirtschaftsredaktion

Im nächsten Jahr könnte die Inflationsrate laut Ökonomen schon wieder deutlich sinken, so Staude. Dann würden wohl auch die Tarifabschlüsse wieder deutlich niedriger ausfallen als jetzt. Ob es tatsächlich so kommt, weiß allerdings niemand genau.

Über den Tarifstreit im Öffentlichen Dienst und bei der Bahn berichtet am 27.03.2023 auch die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen. Über eine Lohn-Preis-Spirale berichtete am 31.01.2023 auch das "Morgenecho" bei WDR5.