Einzigartiges Medienarchiv in Bielefeld nach Brand wieder geöffnet
Lokalzeit OWL. 01.07.2024. 03:16 Min.. Verfügbar bis 31.12.2026. WDR. Von Julia Schlöpker.
Einzigartiges Medienarchiv in Bielefeld nach Brand wieder geöffnet
Stand: 01.07.2024, 19:09 Uhr
Museen, Kultureinrichtungen oder Studierende aus ganz Deutschland suchen im privaten Medienarchiv Bielefeld immer wieder alte Dokumente. Vor rund zwei Jahren brannte es dort. Jetzt wurde es wieder eröffnet.
Von Uwe Pollmann
Es ist sein „Lebenswerk“, sagt Frank Becker. Über 100.000 Filme hat er gesammelt, dazu 30.000 Audio-Bänder und ebenso viele Schallplatten. Darunter sind fast 100 Jahre alte Dokumente über Sportereignisse, Arbeit auf dem Land, NS-Aufmärsche bis hin zu Musik- oder Spielfilmen wie „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“. Die hat der 64-Jährige über 50 Jahre in Räumen in Bielefeld archiviert, das wohl größte Filmarchiv in privater Hand in Deutschland.
Lieferant für Museen und Kultureinrichtungen
„Wir beliefern mit unseren analogen Filmen die Filmmuseen in Hamburg, Frankfurt, München oder Düsseldorf“, so Becker. Oft sei das für filmgeschichtliche Retrospektiven oder auch für Dokumentationen über verstorbene Schauspieler. Und daraus finanziert sich die Stiftung, die Becker für sein Medienarchiv gegründet hat, dann.
Frank Becker in seinem Medienarchiv.
Doch am 24. August 2022 geschah für den Bielefelder dann ein Drama. Das Archiv brannte. Von einem Schaden bis in die Millionen war die Rede. Unschätzbare Werte schienen verloren zu sein. Ursache war wohl die Selbstentzündung einer alten Filmrolle, die früher noch aus Nitrozellulose waren. Zwar hatte Becker diese Filme zuvor veräußert, aber es muss wohl was übersehen worden sein.
Brand zerstörte Filme, viele einzigartige Kino-Plakate und Fotos
„Was verbrannt ist, ist beispielsweise unser komplettes Plakate- und Fotoarchiv, wo also historische Filmplakate und Fotosätze zu den jeweiligen Filmen archiviert waren“, erzählt der filmverrückte Sammler. „Und es sind reichlich Spielfilme verbrannt, wo wir aber die Chance haben über Internetplattformen oder andere Sammler eine Ersatzkopie bekommen zu können.“ Glücklicherweise aber sind letztlich nur einige hunderte Filme verloren gegangen.
NRW-Stiftung: ein wichtiges Filmarchiv
Fast zwei Jahre lang hat Becker daran gearbeitet, sein Medienarchiv wieder aufzubauen. Ehrenamtliche haben geholfen, viel gesäubert, unzählige Filmrollen vom Rus befreit. Unternehmer aus Bielefeld haben Geld gegeben. Auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und die NRW-Stiftung haben Hilfen zugesagt. Es sei wichtig, „das den Menschen zugänglich zu machen“, sagt Ute Röder vom Stiftungsvorstand. Becker schaffe es „dass hier Menschen drauf zugreifen können, die selber Filme und Dokumentationen machen“.
Aufgebaut sind die neuen Regale mit den Filmen und Dokumenten in einem Lager eines Gewerbebaus im Stadtteil Brackwede. Doch das nächste Problem kommt auf den Film-Experten schon bald zu: die Räume, in denen eine über einhundertjährige Filmgeschichte lagert, sind bald wieder gefüllt. Und dann bleibt die Frage: wer übernimmt das Medienarchiv, wenn Frank Becker nicht mehr so fit ist wie heute?
Nachwuchs fehlt für historische Filmdokumente
„Die Probleme bestehen darin, dass uns der Nachwuchs fehlt. Die heutige Jugend kann mit analogen Medien nicht mehr viel anfangen. Es ist ein Handwerk, was man auch beherrschen muss."
Noch aber findet der Bielefelder Filmarchivar immer wieder Praktikanten, die ihm zwischen den Regalen zur Hand gehen: oft sind es junge Menschen, die selbst mal in das Metier Film einsteigen wollen.
Quelle:
- Reporter vor Ort
- Medienarchiv Bielefeld