An der kahlen Flurwand der Notaufnahme lehnt Michael Werner. Sein Gesicht ist leicht schmerzverzerrt - die Knie hat's erwischt. Als der 66-Jährige Donnerstagabend nach Hause radeln wollte, wurde es plötzlich spiegelglatt, sein Vorderrad rutschte weg. Der Postbote fiel und knallte aufs Knie. Heute morgen schickte sein Arzt ihn zum Röntgen ins St. Franziskus Hospital.
Lesestoff für Wartezeit besorgt
"Bei der Notaufnahme sagte man mir: Stellen Sie sich darauf ein, bis heute Abend zu warten, bis sie dran sind." Michael Werner nimmt es halbwegs gelassen, leicht grinsend zeigt er auf ein dickes Taschenbuch, das er sich organisiert hat. So will er die lange Wartezeit überbrücken, allerdings stehend.
Denn im Warteraum ist schon lange kein Stuhl mehr frei. Also drängeln sich die Patienten im Flur der Notaufnahme, hocken auf dem Boden, schieben Krücken aus dem Weg, wenn Pfleger hektisch Patienten auf Tragen durch den Flur schieben.
"Willkommen auf dem Rummelplatz"
"Es ist der absolute Wahnsinn" - Professor Matthias Brüwer, ärztlicher Direktor des Franziskus Hospitals, kann kaum glauben, was sich in seinem Krankenhaus seit Donnerstagabend abspielt. Es gehe hier zu wie auf einem Rummelplatz. Man käme mit dem Zählen schon gar nicht mehr hinterher - stündlich ständen dutzende neue Patienten vor der Notaufnahme.
Notfallchirurgen operieren die Nacht durch
Die meisten Glatteisopfer leiden unter Knochenbrüchen oder Verletzungen an den Händen, Armen oder Unterschenkeln. In vier OP-Sälen kann operiert werden. Jeder wisse, dass gerade absoluter Ausnahmezustand in der Unfallchirurgie sei. "Unsere Notfallchirurgen werden bis Samstagfrüh durchoperieren", vermutet Krankenhausdirektor Michael Brüwer.
Michael Werner hofft, dass er mit seinem Knie nicht unters Messer muss - aber das weiß er erst, wenn er geröngt wurde. Bis dahin wird er voraussichtlich viele Kapitel in seinem Buch gelesen haben.
Über das Thema berichten wir am 12.01.2024 auch im WDR-Fernsehen und im Radio auf WDR 2.