Die Freilichtbühne in Hallenberg, idyllisches Vogelgezwitscher mischt sich mit Stimmengewirr. Es wird immer lauter: Textproben, Kinderlachen, etwas weiter weg singt ein Chor.
"Mit zwei Jahren war ich zum ersten Mal dabei."

Das Volk hört die Worte des Hohen Rates
150 Darsteller in langen, bunten Gewändern stehen hinter der Bühne. Die Frauen tragen Kopftücher, die Männer lange Haare und Bärte. Ein junger Mann, gehüllt in weißes Leinen, kommt schnell den Berg hinaufgelaufen. Jesus muss noch in die Maske.
Die Hauptfigur der Passion wird von Philipp Mause gespielt. Der 32-Jährige ist gebürtiger Hallenberger und steht quasi schon sein ganzes Leben auf der Bühne. "Mit zwei Jahren war ich zum ersten Mal dabei. Damals hat Papa meine Schwester und mich im Bollerwagen über die Bühne gezogen", erzählt Philipp Mause.
Jesus ist die größte Rolle seines Lebens

Jesus wird von den Römern ausgepeitscht
Seitdem spielt er bei jeder Inszenierung mit, große wie kleine Rollen. Das Philipp Mause Jesus Christus verkörpern sollte, das steht schon länger fest. Eigentlich wäre es 2020 so weit gewesen. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Aufführung auf dieses Jahr verschoben. Für den jungen Mann also genügend Zeit, um sich an die Rolle zu gewöhnen.
"Erst wollte ich es nicht machen. Ich habe mich, als ich meinen Namen in den Hut geworfen hab, nicht in der Rolle gesehen. Jetzt bin sehr froh darüber, es spielen zu dürfen." Philipp Mause
Aufführung wird Familienevent
Die Freude an der Schauspielerei überträgt sich in Hallenberg auch auf die jüngere Generation. Bei dieser Passion stehen über 40 Kinder der Darsteller mit auf der Bühne. Die Aufführung wird so zum Familienevent. Das ist im Falle Jesus sogar etwas brisanter. Philipps Vater Helmut Mause spielt die Rolle des Kaiphas.

Jesusdarsteller Philipp Mause mit seinem Vater Helmut Mause in der Rolle des Kaiphas
Er ist der Chef des Hohen Rates und damit der Mann, der über Jesus Schicksal entscheidet. "Am Anfang war es schon komisch, dem eigenen Sohn so gegenüberzustehen und ihn zum Tode zu verurteilen. Mittlerweile machen wir das aber sehr professionell", sagt Helmut Mause.
Passionsaufführung nur alle 10 Jahre
"Wie der Jesus am Kreuz hängt, wie gemalt. Der spielt die Kreuzigung so echt. Ich hatte Gänsehaut." Ella Schneider aus Werl sitzt noch Minuten nach dem Schlussapplaus auf ihrem Platz. Sie hat auch schon frühere Inszenierungen gesehen, aber diese hätte sie richtig gepackt, sagt sie.
Emotionen wecken
Genau das wollen die Darsteller auch erreichen. Diese Passion soll eine Geschichte im Hier und Jetzt sein. Das Stück soll weder Meinung noch Glauben vorgeben. Emotionen wecken, dass ist das große Ziel von Stefan Pippel und seinen Darsteller-Kollegen.

Stefan Pippel kämpft in seiner Rolle als Judas mit sich
"In nachdenkliche Gesichter zu blicken, ist in diesem Fall gar nicht so schlecht", sagt Pippel, der 1. Vorsitzende des Vereins, der die Freilichtbühne betreibt. Er verkörpert im Stück die Rolle des Verräters Judas.
Alle Mitspieler engagieren sich ehrenamtlich
Alle Mitspieler engagieren sich auf der Hallenberger Freilichtbühne ehrenamtlich. Es ist also ein großes Hobby, sie investieren viel Freizeit, besonders im Passionsjahr. Bis Anfang September zeigen die Hallenberger die Geschichte vom Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu noch über 20 Mal.