Fünf Roboter-Raben sitzen auf Mülltüten im Rathausfoyer in Siegen. Sie erzählen sich von ihren Sorgen.

Sorgen-Sammlung von Menschen in Siegen

Stand: 26.10.2023, 11:54 Uhr

Zwei Künstlerinnen haben in Siegen die Sorgen von fast 400 Menschen gesammelt. In einer Installation werden ihre Sorgen jetzt anonym gezeigt.

Von Julian Beuter

"Ich werde in meiner Ausbildung gemobbt. Bis hin zur Depression." - "Oma muss ihr erstes Weihnachten ohne Opa verbringen." - "Ich muss oft mit meinen schweren Einkaufstüten auf den Bus warten." Diese und andere Sorgen haben sich Menschen in Siegen von der Seele geredet oder geschrieben.

Jenny Kropp sitzt mit Mütze in einer Holzhütte in der Siegener Innenstadt. Sie nimmt dort die Sorgen einer Gruppe junger Frauen auf.

Das Künstlerinnenduo hatte eine Hütte in der Siegener Fußgängerzone aufgebaut.

Möglich gemacht hat das das Künstlerinnenduo FORT. Die beiden Künstlerinnen Jenny Kropp und Alberta Niemann haben ihre Hütte, das "Archiv der Sorgen", in der Siegener Innenstadt aufgebaut. Wochenlang saßen sie im Dezember 2022 in der Kälte und hörten den Menschen zu.

Rathausfoyer Siegen: Raben lesen Sorgen vor

Daraus ist jetzt die Ausstellung zum Archiv der Sorgen entstanden. Fünf "Roboter-Raben" sitzen im Kreis auf einem Haufen Müllsäcke und erzählen von den Sorgen.

Ein Team aus Schauspielerinnen und Schauspielern hat die Aussagen der Menschen eingesprochen. Die Aufnahme wird über versteckte Lautsprecher abgespielt, die Raben bewegen sich dazu als würden sie tatsächlich reden.

Archiv der Sorgen in Siegen berührt

"Da merkt man, dass es einem selbst eigentlich noch gut geht", sagt eine Besucherin, nachdem sie sich die Sorgen der anderen Menschen angehört hat.

Eine andere Besucherin bewundert den Mut derjenigen, die dem Archiv ihre Sorgen geschildert haben. Die Ausstellung inspiriere sie, anderen Menschen mehr zuzuhören und ihnen zu helfen.

Die eigenen Sorgen offenbart

Thomas Euteneuer hat dem Archiv der Sorgen vom Tod seiner Partnerin berichtet. "Ich bin noch etwas traumatisiert, leide darunter. Und ich hatte hier eine Möglichkeit, über meine Sorgen zu sprechen. Ich fühlte mich hinterher wie nach einer Beichte, erleichtert", sagt er am Mittwochabend bei der Eröffnung.

Es sollte eigentlich öfter an öffentlichen Orten solche Stände geben, wo Menschen einfach zuhören. Ein Besucher der Ausstellung
Eine Besucherin schaut auf die Installation. Fünf mechanisch betriebene Raben sitzen auf Müllsäcken und erzählen von den Sorgen.

Fünf "Roboter-Raben" sitzen auf einem Haufen Müllsäcke und erzählen von den Sorgen

Auch Pilar Mönch hat dem Archiv von ihrer Sorge erzählt, per Mail. "Zufrieden", beschreibt sie ihr Gefühl nach dem Austausch mit dem Archiv der Sorgen. Die Mails, die sie und die Künstlerinnen hin und hergeschickt haben, hätten ihre Gedanken geklärt. Danach habe sie sich wie ein neuer Mensch gefühlt.

Kunst, die hilft

Jenny Kropp, eine der beiden Künstlerinnen hinter dem Projekt, ist stolz auf das, was da jetzt im Foyer des Siegener Rathauses steht. "Es wurde uns wirklich ganz oft gesagt, dass es einfach schön ist, die Sorgen zu teilen. Ich glaube, ein Stück weit sind die Menschen leichter von unserem Stand weggegangen."

Und so wirken auch die etwa zehn Teilnehmer, die zur Eröffnung der Ausstellung gekommen sind. Erleichtert, ein Stück weit über ihre Sorgen hinweg. Insgesamt haben fast 400 Menschen dem Archiv ihre Sorgen erzählt.

Die Ausstellung ist werktags zu den Öffnungszeiten des Rathauses in der Siegener Oberstadt geöffnet. Sie läuft bis zum 8. Dezember 2023.