Weltdiabetestag: Diabetes bei Kindern
Aktuelle Stunde. 14.11.2023. UT. Verfügbar bis 14.11.2025. WDR.
Weltdiabetestag: Neue Behandlungsmethode könnte Spritzen überflüssig machen
Stand: 14.11.2023, 06:00 Uhr
Für Menschen mit Typ-2-Diabetes gibt es Hoffnung auf ein fast normales Leben - ohne Tabletten und Spritzen. Ein neues Verfahren könnte das möglich machen.
Die Zahl steigt und steigt: An Diabetes mellitus sind allein in Deutschland aktuell rund elf Millionen Menschen erkrankt, inklusive einer Dunkelziffer von zwei Millionen. Ein Großteil von ihnen (8,7 Millionen Menschen) leidet an Typ-2-Diabetes - die Betroffenen sind häufig mehr oder weniger stark übergewichtig und leiden nicht selten an einer Fettleber.
Tagtäglich müssen sie Tabletten einnehmen, Insulin spritzen. Das ist lästig und nervenaufreibend. Mit einer neuartigen Behandlungsmethode namens Revita DMR (Duodenal Mucosal Resurfacing = Oberflächenerneuerung der Zwölffingerdarmschleimhaut) könnte nun der Alltag von Typ-2-Diabetes-Erkrankten angenehmer werden.
In Deutschland gibt es nur drei Kliniken, in denen die neue Behandlungsmethode angeboten wird: Eine davon ist bei uns in NRW - in Düsseldorf.
Was passiert bei der Behandlung genau?
Dr. Torsten Beyna
"Ein neuartiger Ballon-Katheter dringt durch Schlucken in den nah am Magen liegenden Zwölffingerdarm ein und verödet die Schleimhaut dort", sagt der Gastroenterologe Torsten Beyna, Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus (EVK) Düsseldorf, dem WDR. Der Katheter hat eine flexible Spitze, damit er gefahrlos in den Darm eingeführt werden kann. Hinter dem Führungsdraht befindet sich ein Ballon, der mit 90 Grad heißem Wasser befüllt ist. Damit wird die Schleimhaut zerstört - denn die ist bei Diabetes-Patienten häufig durch ungesunde Ernährung verdickt - zu dick, um Darmhormone, die die Nahrung in Energie umwandeln, durchzulassen.
Vorher wird die zu behandelnde Stelle mit Kochsalzlösung unempfindlich gespritzt. Das Ziel: Es soll sich eine neue, dünnere Schleimhaut bilden, durch die die Darmhormone wieder durchkommen. In der Folge normalisiert sich der Stoffwechsel, der Patient verliert Gewicht und vor allem senkt sich sein Blutzuckerspiegel. Auch eine Fettleber könnte sich erholen. Nach dem Eingriff wird der Patient mit einer gezielten Diät betreut, die zu einer Ernährungsumstellung führt.
Der Eingriff dauert knapp 30 Minuten. Eine Vollnarkose ist nicht nötig, nur eine leichte Narkose, bei der die Patienten schlafen und von dem Vorgang nichts merken.
Für wen ist das Verfahren geeignet?
Angewendet wird das Verfahren bei Personen mit Typ-2-Diabetes, die mit der bisherigen Therapie keine zufriedenstellende Blutzuckereinstellungen erreicht haben.
Wie sind die Erfolgsaussichten?
Prof. Stephan Martin
Bislang sind in Düsseldorf erst ein paar dutzend Patienten mit der neuen Methode behandelt worden. Insofern liegen noch nicht allzu viele Erfahrungen vor. "Bei diesen ersten Patienten hat es aber einen dramatischen Abfall der Blutzuckerwerte gegeben", sagt der Diabetologe Prof. Stephan Martin, Chefarzt am Marienhospital in Düsseldorf und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums. Jetzt gehe es darum weitere Erfahrungen zu sammeln.
Doch es gibt auch Kritiker: Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin sagte der "Rheinischen Post" gegenüber: "Die Besserung von Blutzuckerwerten stellt gegenüber dem Risiko einer Darmperforation keine relevante Nutzenaussicht dar." Die wissenschaftlichen Studiendaten der drei Kliniken in Deutschland sollen nun gesammelt und dann gemeinsam veröffentlicht werden. Auch in Nordamerika läuft derzeit eine größere Studie zu dem Verfahren.