Big Business: Wacken Open Air

Aktuelle Stunde 31.07.2024 19:11 Min. UT Verfügbar bis 31.12.2024 WDR Von Anna Deschke

Wacken, Parookaville & Co – Festivals als Geldanlage?

Stand: 31.07.2024, 11:39 Uhr

Festivaltickets für 333 Euro, Bier für 6 Euro – der Festivalbesuch kann ordentlich ins Geld gehen. Im Hintergrund wird aber mit ganz anderen Summen gehandelt.

Am Mittwoch startete eines der größten Metall-Festivals weltweit: "Wacken" in Schleswig-Holstein. Etwa 85.000 Besucher werden in den nächsten Tagen zur Musik von Bands wie den Scorpions, Korn und Flogging Molly feiern. Für die Besucher geht es um die Musik und die Stimmung – aber ein Musikfestival ist auch ein riesiges Unternehmen, das viel Geld einbringen kann und deshalb für internationale Investoren interessant ist.

Immer mehr Festivals mit Investoren

EselRock

Umsonst-und-Draußen Festival "EselRock“

Zahlreiche große Festivals in Deutschland, von "Rock am Ring" über "Parookaville" bis zu "Wacken", sind seit Jahren nicht mehr allein unterwegs: Im Rücken haben sie finanzstarke Unternehmen und Investoren. Die Gründer von "Wacken" etwa haben einen großen Teil ihrer Anteile bereits 2019 an das britische Unternehmen Superstruct verkauft – aus mehreren Gründen, sagt Thomas Jensen, einer der beiden "Wacken"-Gründer:

"Einerseits geht es um ökonomische Sicherheit für die Familien. Auch unternehmerisch muss man natürlich gucken, wie es weitergeht. Unser Ziel ist, dass das Festival stetig besser wird – Wachstum gehört da sicherlich dazu. Aber auch die Experience muss natürlich immer besser werden." Thomas Jensen, Mitgründer von "Wacken"

Superstruct besitzt Anteile an mehr als 80 Festivals europaweit. Vor wenigen Wochen hat der US-Investor KKR das Unternehmen Superstruct gekauft – für angeblich 1,3 Milliarden Euro. Zur tatsächlichen Höhe des Kaufpreises äußert sich das Unternehmen nicht. KKR hält unter anderem auch Anteile am Medienkonzern Axel Springer und investiert in fossile Energieprojekte.

Wacken, Parookaville & Co – Festivals als Geldanlage?

WDR Studios NRW 31.07.2024 04:27 Min. Verfügbar bis 31.07.2026 WDR Online


Wie viel Einfluss haben die Investoren auf die Festivals?

Der Investorenwechsel habe keine Auswirkungen auf das Festival an sich, heißt es von einem "Wacken"-Sprecher. Auch der "Wacken"-Gründer Thomas Jensen sieht keine drohende Einflussnahme auf das Festival. Ähnlich äußern sie sich bei einem der größten Elektronikfestivals Europas, dem "Parookaville" in Weeze am Niederrhein. Auch Anteile dieses Festivals gehören seit 2019 dem Unternehmen Superstruct. Das habe bisher nur Vorteile, sagt "Parookaville"-Mitgründer Bernd Dicks:

"Wenn man als Privatperson oder mit einer Firma dahinter steht, dann überlegt man, sich strategische Investoren dazu zu holen. Das haben wir 2019 gemacht und die Corona-Pandemie hat gezeigt: Es gibt auch mal schwierige Jahre – und die Partner haben geholfen, das zu überbrücken.“ Bernd Dicks, Mitgründer von "Parookaville"

Corona hat schweren Schaden angerichtet

Die Corona-Pandemie hat der Festivalbranche schwer zugesetzt, jetzt kommen Inflation und stark gestiegene Kosten für Personal, Infrastruktur und Bandgagen hinzu. Festivals scheitern daran immer wieder. Aktuelles Beispiel: Das "Melt!"-Festival in Sachsen-Anhalt – nach 27 Jahren zogen die Veranstalter in diesem Jahr die Reißleine. Auch das "Hip-Hop Open" in Stuttgart wurde im Juli kurzfristig abgesagt – eigentlich sollte das Festival im August noch ein letztes Mal stattfinden.

Kosten sind stark gestiegen

Simon Bleckmann

Simon Bleckmann, Mitveranstalter von "EselRock"

Die finanzielle Situation wird immer schwieriger, das bemerken sie auch in Wesel. Hier findet jährlich das Umsonst-und-Draußen Festival "EselRock“ statt – ehrenamtlich organisiert von Simon Bleckmann und seinem Team. Gerade beim Booking der Bands kommt es zu Konkurrenz mit den großen, finanzstarken Festivals, sagt Bleckmann:

"Für uns ist Gebietsschutz ein Problem – gerade von den großen Festivals. Das heißt, es gibt vertragliche Regelungen, wenn man auf großen Festivals spielt – bis hin zu Exklusivauftritten. Da stehen wir natürlich hinten an. Wir können weiß Gott nicht die Gagen zahlen.“ Simon Bleckmann, Mitverstanstalter von "EselRock"

Aber er kann verstehen, warum Festivals sich Investoren ins Boot holen: "Wenn durch so einen Investor gewährleistet ist, dass die Seele von einem Festival nicht verkauft wird und es weitergeht - und vor allem auch weitergehen kann – dann ist das gut."

Wie unabhängig Veranstalter von Festivals auf Dauer agieren können, wenn Investoren im Boot sind, bleibt abzuwarten. Denn fest steht: einem Investor geht es hauptsächlich um den Profit.

Wacken ist aufgekauft – wie geht es weiter mit kleinen Festivals?

WDR 3 Kultur am Mittag 31.07.2024 07:19 Min. Verfügbar bis 31.07.2025 WDR 3 Von Moldenhauer Benjamin


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Quellen:

  • NDR-Reporter
  • Unternehmenswebsites
  • WDR-Reporterin

Über das Thema berichtet der WDR am 31.07.2024 auch im Hörfunk und im Fernsehen, u. a. in der Aktuellen Stunde.

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