Gedenken an die Opfer von Hanau

Aktuelle Stunde 18.02.2024 02:24 Min. UT Verfügbar bis 18.02.2026 WDR Von Alexa Schulz

Vier Jahre nach dem Attentat von Hanau: Warum Erinnern so wichtig ist

Stand: 19.02.2024, 10:07 Uhr

Vier Jahre ist es jetzt her, dass ein Attentäter in Hanau neun Menschen tötete - angetrieben von Hass und Rassismus. Auch in NRW erinnern Demonstranten wieder an das Geschehen. Und das ist auch gut so, sagt Politikwissenschaftlerin Elke Gryglewski.

Von Katja Goebel/Ines Karschöldgen

Der Anschlag von Hanau jährt sich an diesem Montag zum vierten Mal: Am 19. Februar 2020 stürmt ein rechtsextremer Attentäter in der hessischen Stadt hintereinander in zwei Bars und einen Kiosk und erschießt neun Menschen - sie alle hatten eine Einwanderungsgeschichte. Anschließend erschießt der Mann seine Mutter und tötet sich selbst.

Heute werden in zahlreichen Städten bundesweit Menschen an diese Anschlag erinnern. Eine Liste über geplante Gedenk-Veranstaltungen finden Sie am Ende dieses Artikels.

Menschengruppe auf der Demo gegen Rechtsextremismus zum Jahrestag des Anschlags in Hanau

Demo zum Hanau-Jahrestag in Köln

Schon am Wochenende gingen rund 5.000 Menschen zum Gedenken an das Attentat auf die Straße. Aber auch in Köln versammelten sich am Sonntag Demonstranten zu einer Mahnwache. Einen Tag zuvor gedachten in Essen und Wuppertal mehr als 1.500 Menschen der neun Opfer.

"Erinnern heißt verändern"

Gemälde zeigt Opfer des Anschlags in Hanau

Frankfurter Gemälde zeigt Opfer des Anschlags in Hanau

In Wuppertal stand die Versammlung unter dem Titel "Say Their Names - Erinnern heißt verändern". Veranstaltet wurde das Gedenken von dem Bündnis "Wuppertal stellt sich quer". Warum das Erinnern an jedes einzelne Opfer für das Bündnis so wichtig ist, erklären die Mitglieder auf ihrer Internetseite so: "Ihre Namen erinnern uns daran, dass die Vernichtungsphantasien und Umsturzpläne extrem rechter Netzwerke tödlich enden. Indem wir uns und allen anderen immer wieder die Geschichten der Ermordeten erzählen, kämpfen wir gegen die Normalisierung von Rassismus und Antisemitismus."

"Gedenktage sind wichtig"

Elke Gryglewski, Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten

Politikwissenschaftlerin Elke Gryglewski,

"Gedenktage sind wichtig", sagt Politikwissenschaftlerin Elke Gryglewski. Sie würden nicht nur an das konkrete Ereignis erinnern, sie würden auch wichtige Trauerrituale mit sich bringen.

Eine Erinnerung an ein historisches Ereignis würde aber immer Wissen voraussetzen. "Wenn ich nicht weiß, was passiert ist, kann ich auch keine Erinnerungskultur pflegen." Auch jüngere Generationen müssten das als Grundlage erst einmal erfahren.

"Ohne Wissen keine Erinnerungskultur" Politikwissenschaftlerin Elke Gryglewski

Elke Gryglewski ist Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Im Gespräch mit dem WDR erklärt sie auch, warum Mahnmale so wichtig sind: Es seien nicht nur Orte, wo Angehörige trauern könnten, sondern auch Orte, die aufmerksam machen. "Mahnmale sprechen Menschen unterschiedlich an, aber sie sind wichtig, um ein Statement abzugeben". Es sei eben auch ein Aspekt der Anerkennung.

Ferda Ataman: Deutschland hat bisher versagt

Der Täter von Hanau hatte vor seiner Tat antisemitische und muslimfeindliche Äußerungen im Internet veröffentlicht. Schnell wurde Kritik an der Arbeit der Behörden laut.

Ferda Ataman, Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung

Ferda Ataman, Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, hat den deutschen Staat massiv für seinen Umgang mit Hinterbliebenen und Betroffenen kritisiert. "Staat und Behörden in unserem Land haben die Pflicht, nach einem Anschlag wie in Hanau Konsequenzen zu ziehen, damit sich solche Taten nicht wiederholen. Leider muss man sagen: Deutschland hat darin bisher versagt."

Sie verwies darauf, dass sich der hessische Innenminister noch immer nicht für die "dokumentierten Fehler der Polizei" entschuldigt und es weiterhin kein offizielles Mahnmal für die Opfer auf dem zentralen Marktplatz von Hanau gebe. Noch immer würden Angehörige vom Vater des Täters drangsaliert.

Den Jahrestag des Anschlags wollen die Stadt Hanau und das Land Hessen auf stille Weise begehen. Auf Wunsch der Angehörigen der Opfer soll es keine politischen Reden geben.

Gedenkveranstaltungen in NRW

In NRW sind heute unter anderem in folgenden Städten Hanau-Gedenken geplant - diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Aachen | Elsassplatz | 19:00 Uhr | Demo
  • Bielefeld | Hauptbahnhof | 18:00 Uhr
  • Bochum | Ruer-Platz | 18:00 Uhr
  • Bonn | |Brassert-Ufer,Nähe Kennedybrücke und Theater | 17 Uhr
  • Bonn | Marktplatz (vor dem Alten Rathaus) |17:00 Uhr | Mahnwache
  • Bottrop | Ernst-Wilczok-Platz | 19:00 Uhr
  • Dortmund | Katharinentreppe | 16:00 Uhr
  • Duisburg-Hochfeld | Pauluskirche Wanheimerstraße 80 | 18:00 Uhr | Gedenkfeier mit anschließendem Essen
  • Duisburg | Vor dem Citypalais | 17:00 Uhr | Gedenkkundgebung
  • Düsseldorf | Hauptbahnhof | 19:00 Uhr
  • Essen | Porschekanzel | 14:00 Uhr
  • Gelsenkirchen |17:00 Uhr | Bahnhofsvorplatz
  • Hagen | Friedrich-Ebert-Platz | 17:00 Uhr |
  • Köln | Wiener Platz | 18:00 Uhr
  • Münster | Stubengassenplatz | 17:00 Uhr | Kundgebung
  • Paderborn | Rathausplatz | 18:00 Uhr | Mahnwache
  • Siegen ist auf Oberstadtbrücke bei den Statuen “Henner und Frieder” vor der C&A Filiale verlegt | 18:00 Uhr

Unsere Quellen sind:

  • #HANAUISTÜBERALL - Initiative 19. Februar (19feb-hanau.org)
  • dpa/lan
  • Interview mit Politikwissenschaftlerin Elke Gryglewski

Über dieses Thema berichtet auch die Aktuelle Stunde im WDR Fernsehen um 18:45 Uhr.

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