Studiogespräch: Axel Gerschlauer, Kinder- und Jugendarzt aus Bonn
WDR aktuell. 26.11.2023. Verfügbar bis 26.11.2025. WDR.
Notdienste vor dem Kollaps: Videosprechstunde statt überfüllte Kinderarztpraxis
Stand: 26.11.2023, 15:42 Uhr
Ab Dezember wird es eine Videosprechstunde des kinderärztlichen Notdienstes im Rheinland geben. Die virtuelle Erstberatung soll einen Kollaps der Notdienste und überfüllte Praxen verhindern.
Von Katja Goebel
Die Nase läuft, der Hals kratzt, schlimmstenfalls kommt zum Infekt noch Fieber hinzu - wenn jetzt im Winter die Zahl der Erkältungskrankheiten steigt, sind vor allem die Wartezimmer bei Kinderärzten und Notdienstpraxen schnell völlig überfüllt. Der Notdienst stehe vor dem Kollaps, sagen Ärzte.
Dagegen soll jetzt eine virtuelle Sprechstunde helfen. Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt im vergangenen Winter bietet die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) ab dem 2. Dezember wieder eine Videosprechstunde für den kinderärztlichen Notdienst im Rheinland an.
Erste medizinische Einschätzung
Eltern erkrankter Kinder können darüber direkt und unkompliziert mit einer Kinderärztin oder einem Kinderarzt Kontakt aufnehmen, um eine erste medizinische Einschätzung zu erhalten. Dabei soll auch geklärt werden, ob der Besuch einer Kinder-Notdienstpraxis wirklich erforderlich sei.
Ärztemangel und verunsicherte Eltern
Kinder- und Jugendarzt Axel Gerschlauer
Denn: Neben der steigenden Zahl an Erkältungskrankheiten sieht der Kinder- und Jugendarzt Axel Gerschlauer aus Bonn auch noch einen weiteren Grund für die extrem überfüllten Wartezimmer: "Die Eltern kommen auch wegen eines eigentlich banalen Infektes in die Notdienstpraxen gestürmt." Die Verunsicherung sei groß, andererseits gebe es immer weniger Kinder- und Jugendärzte in NRW und das mache sich auch im Notdienst bemerkbar.
Wenn man sich gerade am Wochenende nicht sicher sei und sich ernsthaft Sorgen um das kranke Kind mache, könne man natürlich zum Arzt gehen. "Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig - das gilt auch in den harten Zeiten." Doch nicht immer sei der Gang in die Praxis wirklich notwendig. Tipp vom Kinderarzt: "Wenn das Kind spielt und isst und nur fröhlich vor sich hinrotzt, bleiben Sie zu Hause."
Kinder trifft es besonders oft
Kinder sind besonders oft erkältet
Laut Techniker Krankenkasse haben Kinder besonders häufig Erkältungen. Bis zum Eintritt in das Schulalter mache ein Kind jährlich etwa sechs bis zehn Erkältungskrankheiten durch. In den Folgejahren nehme die Zahl der Infekte ab. Mit etwa dem zwölften Lebensjahr habe sich das Immunsystem aufgrund vorangegangener Infekte in der Regel ausreichend entwickelt, um Erreger erfolgreich zu bekämpfen. Erwachsene sind im Durchschnitt etwa zwei- bis dreimal im Jahr erkältet.
Wie bucht man die Videosprechstunde?
Videosprechstunde beim Kinderarzt
Das digitale Zusatzangebot startet laut Kassenärztlicher Vereinigung Nordrhein ab dem 2. Dezember 2023 und endet am 31. Januar 2024. In dieser Zeit sind mittwochs von 16 bis 22 Uhr sowie samstags, sonntags und an Feiertagen (einschließlich Weihnachten und Silvester) von 10 bis 22 Uhr Fachärztinnen und -ärzte im Einsatz. Erreichbar sind die über die Hotline 116117 sowie online über die Homepage der KVNO.
Bei Anruf über die Hotline werden zunächst Patienten- und Versichertendaten auf- und eine medizinische Ersteinschätzung vorgenommen. Bei Bedarf erhalten anrufende Eltern dann einen Link auf ihr Smartphone geschickt, über den sie sich für die Online-Notdienstsprechstunde einwählen können. Genauso funktioniert auch die Anmeldung über die KVNO-Homepage.
Insgesamt wurden beim Pilotprojekt 2022 mehr als 2.300 Videosprechstunden durchgeführt. Nach Angaben der KVNO nutzten 2022 auch Patienten aus Westfalen-Lippe das Angebot.
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit Kinderarzt Axel Gerschlauer
- Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
- dpa
- Techniker Krankenkasse