Kinder sitzen am Tisch und essen Kartoffelsuppe

Vegetarische Kitas und Grundschulen: Auch in NRW ein Trend

Stand: 11.09.2023, 18:03 Uhr

Kein Fleisch mehr in Kitas und Grundschulen: In Freiburg ist das jetzt Realität. Wie sieht es in NRW aus? Und was sollte man beachten, wenn man Kinder vegetarisch ernährt?

Kein Schnitzel, keine Würstchen, keine Nuggets mehr: Die Kinder in den städtischen Kitas und Grundschulen in Freiburg bekommen ab diesem Schuljahr kein Fleisch und keinen Fisch mehr serviert. Das hatte der Gemeinderat der Stadt im vergangenen Oktober beschlossen - und damit eine Diskussion weit über die Grenzen des Breisgaus hinaus ausgelöst.

Dabei ist eine ausschließlich vegetarische Ernährung in Kitas inzwischen gar nicht mehr so ungewöhnlich wie noch vor ein paar Jahren. Beispiele gibt es viele: Die "Waschbärbande" in Aachen, die Kölner "Villa Charlier", die "Rappelkiste" in Münster - die Zahl der Einrichtungen in NRW, die komplett auf Fleisch und Fisch verzichten, steigt stetig.

Kitas in NRW: Interesse an gesundem, hochwertigen Essen steigt

Das bestätigt auch Mechthild Thamm vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, der in NRW für mehr als 1.000 Kitas zuständig ist. Ihr fällt schon seit längerem auf, dass das Interesse bei den Kitas an gesundem, hochwertigen Essen steigt. "Und zwar nicht nur bei denen, die ausschließlich vegetarisches Essen anbieten. Das ist eigentlich bei allen Kitas ein Thema."

Auch Budgetfragen spielen hier eine Rolle. Denn gutes Essen hat seinen Preis. Laut Thamm ist es allerdings nicht sinnvoll, an dieser Stelle vegetarische und fleischhaltige Kost gegeneinander auszuspielen. Sie ist sich sicher: "Bio-Veggie-Essen kostet nicht weniger als das entsprechende hochwertige Fleisch."

Fleisch ist deutlich schädlicher für das Klima als Gemüse

Dass die Produktion von Fleisch eine Belastung für die CO2-Bilanz darstellt, darüber sind sich Experten schon seit langem einig. Laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) erzeugt ein Kilo Rindfleisch im Schnitt umgerechnet zwölf Kilogramm CO2-Äquivalente, bei einem Kilo Schweinefleisch sind es vier Kilogramm. Zum Vergleich: Ein Kilo Kartoffeln verursacht in der Produktion 400 Gramm CO2-Emissionen.

Doch es geht bei diesem Thema ja nicht nur um die Folgen für Klima und Umwelt. Sondern ganz konkret um die Ernährung und somit um die Gesundheit der Kinder. Viele Eltern glauben immer noch, dass ohne Fleisch keine vollwertige Ernährung möglich sei.

Verbraucherzentrale: Kitas bieten zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse an

Ein Trugschluss, sagt etwa die Verbraucherzentrale NRW. "Vegetarisches Essen in der Kita ist empfehlenswert", heißt es in einem Statement der Organisation. Laut Studien würde derzeit in den Kitas zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse angeboten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Kitas, maximal je ein Fleisch- und ein Fischgericht pro Woche anzubieten.

Auch für den Düsseldorfer Kinderarzt Florian Babor spricht nichts dagegen, Kinder vegetarisch zu ernähren. Kinder, die auf Fleisch verzichteten, nähmen Studien zufolge weniger raffinierten Zucker und mehr Ballaststoffe zu sich. "Natürlich sollte man bei vegetarischer Ernährung darauf achten, dass das Essen ausgewogen ist. Das sollte man aber auch, wenn man den Kindern Fleisch gibt", so Babor.

Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung rät in ihrer "Ernährungspyramide für Vegetarier" dazu, dass Obst, Gemüse sowie Brot, Getreide und Beilagen wie Reis oder Nudeln den Großteil der täglichen Ernährung ausmachen sollten. Milchprodukte, Eier sowie Fleischersatz solle man mäßig konsumieren, Öle, Fette, Süßigkeiten und Snacks nur sparsam.

Kinderarzt: Andere Länder sind bei vegetarischem Essen viel weiter

Babor, der auch im Podcast "Hand, Fuß, Mund" Eltern über gesundheitliche Themen aufklärt, hält die Debatte über vegetarische Ernährung für Kinder für mühsam und ein wenig aus der Zeit gefallen. "Gerade in Deutschland ist man sehr konservativ, was dieses Thema angeht. Andere Länder wie die USA, Großbritannien oder Australien sind da schon weiter. Dort wird vegetarische Ernährung von vielen offiziellen Stellen als gleichwertig anerkannt", sagt er.

Bis das auch hier der Fall ist, dürfte noch einige Zeit vergehen. Siehe das Freiburger Beispiel. Denn dort gibt es auch Gegenwind von ganz oben. Kurz nach Bekanntgabe des Beschlusses im vergangenen Oktober teilte das von Peter Hauk (CDU) geführte baden-württembergische Agrarministerium mit, es unterstütze eine ausschließlich vegetarische Ernährung nicht. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehöre auch Fleisch.

Über dieses Thema haben wir am 19.10.2022 auch im Fernsehen in der Aktuellen Stunde berichtet.