Seit Russlands Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 sind rund eine Million Menschen nach Deutschland geflüchtet - mehr als 200.000 von ihnen wohnen in NRW. Fast die Hälfte der Erwachsenen will langfristig im Land bleiben.
Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Für die Untersuchung wurden fast 7.000 Geflüchtete befragt.
Unklare Bleibeperspektive
44 Prozent der Befragten beabsichtigen, "für immer" oder "noch einige Jahre" in Deutschland zu bleiben. Im Vergleich zur ersten Umfrage im Spätsommer 2022 sind das fünf Prozent mehr. Von den Geflüchteten, die nicht für immer in Deutschland bleiben wollen, planen 38 Prozent (31 Prozent aller Geflüchteten) eine Rückkehr nach dem Ende des Krieges. Weitere 30 Prozent wollen einen engen Kontakt nach Deutschland halten und zumindest zeitweise hier leben.
Das Problem dabei: Bislang gilt das Aufenthaltsrecht für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge bis März 2024. Das sorgt für Unsicherheit bei den Geflüchteten. "Wenn man nur noch für ein halbes Jahr eine Bleibeperspektive hat und gar nicht weiß, ob man weiter bleiben darf, hemmt das die Motivation, die deutsche Sprache zu lernen und Bildung zu erwerben", sagte Yuliya Kosyakova vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung am Dienstag dem WDR. Das beeinflusse auch die soziale und wirtschaftliche Integration.
Mehr Geflüchtete möchten arbeiten
Tatsächlich geht die Integration der Geflüchteten aus der Ukraine schleppend voran. Nur 18 Prozent der Befragten waren zu Jahresbeginn erwerbstätig - das sind nur geringfügig mehr als im Spätsommer 2022, als die Zahl bei 17 Prozent lag. Allerdings sagten mehr als zwei Drittel der ukrainischen Geflüchteten, die Anfang 2023 noch keine Arbeit hatten, dass sie diese sofort oder innerhalb des kommenden Jahres aufnehmen wollten.
Fehlende Kinderbetreuung: Gerade für Frauen ist Integration schwer
Doch es gibt zwei Hindernisse, die gegen eine rasche Arbeitsaufnahme sprechen: Die meist noch schwach ausgeprägten Kenntnisse der deutschen Sprache, auf die Arbeitgeber in Deutschland großen Wert legen, und die fehlende Kinderbetreuung. "Jedes zweite Kind zwischen zwei und sechs Jahren geht nicht zur Kita", sagt Lena Crochmal, Journalistin von WDRforyou. Das beeinflusse sehr stark die Möglichkeit von Frauen, einen Integrationskurs zu besuchen oder arbeiten zu gehen. Das deckt sich auch mit der Studie: Demnach sind lediglich drei Prozent der Frauen beruflich tätig.
Drei Viertel der Geflüchteten haben Deutschkurse besucht
Während es bei der Kinderbetreuung noch hakt, geht es bei der Sprache besser voran. "Integration funktioniert am besten durch Sprache", sagte Lena Crochmal, die 2017 selbst aus der Ukraine nach Deutschland kam. Immerhin drei Viertel der Flüchtlinge hatten zum Zeitpunkt der Befragung einen oder mehrere Deutschkurse besucht.
Der Weg in den Arbeitsmarkt: Sprache ist große Hürde
Mit acht Prozent bescheinigten sich zwar nur wenige Geflüchtete "sehr gute" oder "gute" Deutschkenntnisse. Mit 27 Prozent gab ein gutes Viertel als Antwort "es geht" an, was eine Verdoppelung zur vorherigen Umfrage bedeutet. Gleichzeitig halbierte sich der Anteil der Geflüchteten, die "gar nicht" Deutsch sprechen auf 18 Prozent.
Bis mehr ukrainische Flüchtlinge einer Arbeit nachgehen können, wird es nach Lena Crochmal allerdings noch eine Weile dauern. "Man braucht sehr viel Zeit, um ein Diplom anerkennen zu lassen." Sie wünsche sich daher mehr Flexibilität bei der Anerkennung von Abschlüssen und weniger hohe Erwartungen an die Sprachkenntnisse, um die Integration in Deutschland zu beschleunigen.