Propaganda, Verschwörung, Timing: Tucker Carlson trifft Putin
Aktuelle Stunde . 09.02.2024. UT. Verfügbar bis 09.02.2026. WDR. Von Sebastian Galle.
Tucker Carlson: Wer ist der Mann, der Putin interviewt hat?
Stand: 09.02.2024, 19:53 Uhr
Ein Zwei-Stunden-Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in westlichen Medien: Tucker Carlson ist der erste, der das von sich behaupten kann. Wer genau ist Carlson eigentlich?
Von Andreas Schneider
US-Talkmaster, Ultrakonservativer, Verschwörungstheoretiker, politischer Aktivist, Kommentator oder "der Letzte, der die Wahrheit sagt". Die Beschreibungen für Tucker Carlson sind vielfältig und hängen auch damit zusammen, wo man selbst politisch steht.
Klar ist: Der Ex-Journalist hat lange beim konservativen Nachrichtensender Fox News gearbeitet und dort die Sendung "Tucker Carlson Tonight" moderiert. Über drei Millionen Zuschauer haben die Sendung bis April 2023 täglich gesehen. Ein Spitzenwert verglichen mit der Konkurrenz.
Entlassung im April
Im April wurde die Sendung von Tucker Carlson abgesetzt. Beobachter, Korrespondenten und amerikanische Journalisten gehen davon aus, dass das mit dem Vergleich zwischen Fox News und dem Wahlmaschinen-Hersteller Dominion Voting Systems zusammenhängt.
Der Nachrichtensender hatte dabei rund 800 Millionen Dollar bezahlt, damit der Wahlmaschinen-Hersteller ihn nicht wegen Verleumdung verklagt. Grund war die Behauptungen, die Wahlcomputer von Dominion seien so programmiert gewesen, dass sie dem damaligen republikanischen Amtsinhaber Donald Trump Stimmen wegnehmen und den demokratischen Herausforderer Joe Biden bevorzugen würden. Auch Carlson hatte diese Behauptung verbreitet.
In der Aufbereitung der Sache wurden Schreiben von Carlson öffentlich, in denen er die (wahrheitsgemäße) Berichterstattung über den Ausgang der US-Wahl kritisierte und der Chefetage des Senders "liberale Inkompetenz" vorwarf. Außerdem standen Vorwürfe von sexueller Belästigung im Raum.
Gegen den "Mainstream" und auf Krawall gebürstet
Der ARD-Korrespondent Marcus Schuler hat Carlsons Sendung bei Fox News als Zentrum für rechte Verschwörungsmythen bezeichnet: "Gegen den "Mainstream", für Donald Trump, verbal auf Krawall gebürstet."
Und auch seine Nähe zu Russland fiel immer wieder auf. Der Ukraine-Krieg war keine 24 Stunden alt, da ätzte der damalige Fox-News-Star-Moderator Carlson über die Regierung von Wolodymyr Selenskyj.
"Welche Prinzipien verteidigen wir hier? Wir nehmen ein Regime in Schutz, das seine politischen Gegner verhaftet und oppositionelle Medien abschaltet. Was steht auf dem Spiel, abgesehen von einer Belohnung für Familie Biden?" Einen Tag vor dem Angriff durch Russland hatte Carlson behauptet, die Ukraine sei keine Demokratie. Das Land werde vom US-Außenministerium gesteuert.
Eigene Sendung auf X
Nach seinem Rauswurf etablierte Carlson seine eigene Sendung auf der Plattform X. Dort macht er weiter, womit er bei Fox News aufgehört hatte: Verschwörungs-Erzählungen, Krawall und Fake News. Laut US-Medien übrigens weiterhin finanziert von Fox News. Bis Ende 2024 soll der 54-Jährige weiter sein üppiges Gehalt beziehen, zuletzt kassierte er angeblich mehr als 20 Millionen Dollar jährlich.
Vor seinem Interview mit Putin warf Carlson den US-Massenmedien vor, sie würden die Zuschauer und Leser durch Weglassen belügen. Er behauptete, während der ukrainische Präsident Selenskyj dauernd zum Interview eingeladen werde, habe sich kein anderer westlicher Journalist die Mühe gemacht, Putin zu interviewen. Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) ist das aber falsch. Mehrere westliche Medien hatten ebenfalls ein Interview mit Putin ersucht.
Das Interview wurde auf X gezeigt und ist auch auf der Website von Carlson kostenlos verfügbar.
Unsere Quellen:
- tagesschau.de: "Die Putin-Verstehen-Show"
- Beiträge vom Deutschlandfunk
- tagesschau.de: "Fox News umgeht Verleumdungsprozess"
- dpa