Zum Stichtag 30. Juni 2022 hatten 78.350 Menschen in NRW keine eigene Wohnung, teilte das Landessozialministerium am Freitag mit. Das waren rund 30.000 Personen oder 62,3 Prozent mehr als im Vorjahr. NRW habe im Jahr 2022 mehr als 200.000 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, sagte Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). Viele kommen zwar in Unterkünften des Landes und der Kommunen oder privat unter, sie werden aber trotzdem in die Wohnungslosen-Statistik aufgenommen.
Wohnungslos ist nicht obdachlos
Auch wenn klar sei, warum die Zahl der Wohnungslosen so stark gestiegen sei, müsse sie zu denken geben, sagte Laumann: "Wohnungslosigkeit ist für mich nach Hunger die schlimmste Form von Armut." Dennoch müsse differenziert werden, denn wohnungslose Menschen lebten in der Regel nicht auf der Straße.
Wohnungslosigkeit ist nicht mit Obdachlosigkeit gleichzusetzen. Wohnungslos zu sein bedeutet, dass Betroffene keinen eigenen Mietvertrag haben und beispielsweise in von Kommunen bereitgestellten Unterkünften leben.
Initiative "Endlich ein Zuhause!"
Laumann verwies auf die im Jahr 2019 gestartete Landesinitiative "Endlich ein Zuhause!", für die in diesem Jahr 15,66 Millionen Euro zur Verfügung stünden. Das Geld fließe unter anderem in sogenannte Kümmerer-Projekte, bei denen Fachkräfte der Sozialarbeit und des Immobilienbereichs bei der Wohnungssuche helfen oder drohenden Wohnungsverlust abwenden.
So fanden nach Angaben des Ministeriums bis heute mehr als 7.600 wohnungslose Menschen eine Wohnung. Unter ihnen waren mehr als 1.380 Familien mit Kindern, aber auch rund 330 Obdachlose.
Anzahl der wohnungslosen Männer gesunken
Rund ein Viertel (27,1 Prozent) der erfassten Wohnungslosen und somit etwas mehr als in den Vorjahren sind laut Statistik Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Zwei Drittel der Erwachsenen hatten eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. 56,8 Prozent der Betroffenen waren männlich (Vorjahr 65,0 Prozent). Das sei wohl darauf zurückzuführen, dass die Mehrheit der aus der Ukraine Geflüchteten Frauen sind, hieß es.
Noch 2021 war die Zahl der Wohnungslosen in NRW erstmals seit Jahren leicht zurückgegangen. Zuvor war seit 2015 ein kontinuierlicher Anstieg verzeichnet worden. Die Kommunen führen das unter anderem darauf zurück, dass anerkannte Asylbewerber auf dem angespannten Wohnungsmarkt keinen bezahlbaren Wohnraum finden und deshalb zunächst weiter in Aufnahmeeinrichtungen leben.