TV-Duell mit Trump und Harris

Simultan-Übersetzer Deja: "Man kann Trump schlecht antizipieren"

Stand: 11.09.2024, 15:44 Uhr

Frank Deja war die deutsche Stimme von Donald Trump im ersten TV-Duell gegen Kamala Harris vor den US-Wahlen. Dabei musste er natürlich überparteilich bleiben. Warum das für ihn trotzdem eine unangenehme Aufgabe war und wie wir uns die Arbeit eines Simultan-Übersetzers vorstellen können, erzählt er im Interview mit dem WDR.

Von Oliver ScheelOliver Scheel

Knapp zwei Monate vor der US-Präsidentschaftswahl haben sich Donald Trump und Kamala Harris ein hitziges TV-Duell geliefert. Trump geriet immer wieder in die Defensive und teilte wie gewohnt Lügen und Halbwahrheiten aus. Frank Deja war der deutsche Simultan-Übersetzer von Trump.

Deja ist ein sehr erfahrener Übersetzer, er war schon die deutsche Stimme von Barack Obama. Den unterschiedlichsten Charakteren lieh er bereits seine Stimme. Worin liegt der Unterschied für einen Simultan-Übersetzer zwischen Obama und Trump?

Dolmetscher Deja: Trump habe "begrenzten Wortschatz"

"Trump verfügt über einen sehr geringen Wortschatz und einen sehr geringen Vorrat an Ideen", sagt Deja im Gespräch mit dem WDR. Obamas Gedankenwelt hingegen sei viel komplexer. "Da war jeder Satz Inhalt. Der hat keine Phrasen gedroschen. Bei Trump ist die Vorbereitung auf so ein TV-Duell ehrlich gesagt nicht so aufwändig wegen seines begrenzten Wortschatzes und des begrenzten Gedankenvorrats."

Frank Deja Porträt

Simultan-Dolmetscher Frank Deja

Eine Herausforderung bei Trump sei aber, dass man ihn nicht antizipieren könne. "Er spricht ja selten einen Satz zu Ende, weil ihm mitten im Satz eine absurde Behauptung einfällt oder ihm einfällt, wen er noch nicht beleidigt hat", so Deja. "Er springt ständig hin und her."

Schlimmer für den Übersetzer aber ist die eigene Psychohygiene. "Es ist sehr unangenehm, dass sein Geschwätz durch mein System läuft", sagt er.

"Da fühlt man sich hinterher ein bisschen beschmutzt." Frank Deja übersetze beim TV-Duell Trump

Trump warf beispielsweise den Einwanderern aus Haiti vor, sie würden die Hunde und Katzen der Einwohner von Ohio essen. Und er wiederholte die Falschaussage, dass er vor vier Jahren die Wahl gegen Joe Biden nicht verloren habe.

Wie aber müssen wir uns die Arbeit eines Simultan-Übersetzers vorstellen? "Ich bin praktisch in der Person drin mit allen Emotionen und der Sprachmelodie", erklärt Deja. Und das sei tatsächlich ein Problem. "Ich gehe beim Dolmetschen mit, das ist mein persönlicher Stil. Und das fühlt sich bei Trump einfach sehr unangenehm an."

Trump sage "irrsinnige Sachen"

Denn Trump sagt ja, so formuliert es Deja, "irrsinnige Sachen". "Die Demokraten wollen Abtreibungen bis zum neunten Monat erlauben und auch noch die Kindstötung nach der Geburt. So einen Quatsch erzählt er ja. Beim Simultan-Dolmetschen läuft im Hinterkopf ein Faktencheck ab. Hat er das wirklich jetzt gesagt? Bei Trump habe ich es mir abgewöhnt, weil er den größten Blödsinn tatsächlich gesagt hat", so Deja.

So sagte Trump beim TV-Duell, Deutschland hätte ein Jahr lang versucht, keine fossilen Brennstoffe mehr zu nutzen und wäre nun zum Bau normaler Kraftwerke zurückgekehrt. Diese Falschaussage veranlasste sogar das deutsche Auswärtige Amt zu einem humorvollen Post auf X. Der endete mit dem Hinweis: "Außerdem essen wir keine Katzen."

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Das Simultan-Übersetzen beschreibt er mit dem Reiten auf einer Gedankenwelle. "Ich gleite mit dem Surfbrett über den Gedankenstrom des Redners. Es passiert sehr viel auf der nichtsprachlichen Ebene. Durch das Gesagte entstehen in meinem Kopf Bilder und die übertrage ich in die Zielsprache", erklärt er seine Arbeit.

Simultan-Dolmetscher immer professionell über den Dingen

Donald Trump bei Rede, im Hintergrund wird sein Gesicht auf einer Leinwand groß gezeigt.

Donald Trump sorgt bei seinen Auftritten oft für viel Aufregung.

Dabei muss er natürlich überparteilich bleiben. "Freunde haben mich mal in Trumps erster Amtszeit gefragt, ob ich ihn mal so dolmetschen könne, dass er blöd dasteht", erzählt Deja. "Aber ich muss ihn ja nur so dolmetschen, wie er tatsächlich redet, dann steht er ja blöd da. Das hat es für mich letzte Nacht leichter gemacht. Er hat ja die Köder geschluckt, die ihm Kamala Harris hingeworfen hat." Sie lockte ihren Kontrahenten ein um das andere Mal aus der Reserve und brachte ihn dazu, sich für Handlungen während seiner ersten Präsidentschaft zu rechtfertigen.

Auf weitere Aufträge, Donald Trump zu übersetzen, ist Deja übrigens nicht sonderlich scharf. "Ich hoffe sehr, dass er nicht gewählt wird, dann komme ich ja nicht in die Verlegenheit. Aber generell kann ich meinen Kunden ja nicht sagen, das ist mir zu schmutzig, das fasse ich nicht an."

Vielleicht wird sein Wunsch ja erhört und Harris wird neue US-Präsidentin. Nach Meinung der US-Presse und laut einer CNN-Blitzumfrage ging das TV-Duell klar an die demokratische Kandidatin.

TV-Duell: "Harris hat Trump geködert"

WDR 5 Morgenecho - Interview 11.09.2024 06:51 Min. Verfügbar bis 11.09.2025 WDR 5


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Unsere Quellen:

  • Gespräch mit Dolmetscher Frank Deja
  • Nachrichtenagenturen dpa, Reuters

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