Die Hälfte der großen Seen weltweit schrumpft
Stand: 19.05.2023, 18:04 Uhr
Bilder von vertrockneten Seen in Italien oder Spanien tauchen im Sommer immer wieder auf. Eine neue Studie eines Forscher-Teams der University of Colorado Boulder zeigt, dass es keine Einzelfälle sind.
Von Andreas Schneider und Sarah Schröer López
Etwa 250.000 Satelliten-Aufnahmen haben die Forscher und Forscherinnen analysiert, um Wasserstände zu erfassen. Entstanden sind die Bilder zwischen 1992 und 2020. Nun wurden die Ergebnisse im wissenschaftlichen Fachmagazin "Science" veröffentlicht – mit einem deutlichen Ergebnis: 53 Prozent der untersuchten Seen haben Wasser verloren.
Auch Bodensee ist kleiner geworden
Unter den 1.972 untersuchten Seen sind auch zwei deutsche Gewässer. Der Bodensee hat laut der Studie knapp sechs Millionen Tonnen Wasser pro Jahr verloren. Das ist etwa ein Zentimer Pegelhöhe jedes Jahr. Ebenfalls Teil der Studie ist der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. Dieser ist einer der Positiv-Beispiele der Studie, denn er hat im Untersuchungszeitraum durchschnittlich an Wasser gewonnen.
Aber auch wenn einige Seen mehr Wasser haben als zu Beginn des Untersuchungszeitraums, können sie das Minus nicht ausgleichen. Insgesamt haben die Seen etwa 22 Gigatonnen Wasser verloren. Das ist die Hälfte des Wasservolumens des Bodensees.
Zwei Gründe für den Wassermangel in den Seen
Dafür nennen die Forschenden zwei Gründe - zunächst den Klimawandel. Durch steigende Temperaturen verdunstet immer mehr Wasser aus den Seen. Es regnet aber nicht genug, um das wieder auszugleichen. Der zweite Grund: Die Menschen entnehmen Wasser aus den Seen, um es zum Beispiel für die Landwirtschaft zu nutzen.
Bei den Stauseen kommt noch ein anderer Grund hinzu: Da die Seen von Staumauern begrenzt werden, können Sand, Kies oder Geröll nicht abtransportiert werden. Diese lagern sich also am Boden ab und reduzieren so langfristig das Volumen eines Sees.
Da die Forscherinnen und Forscher die größten Seen der Erde untersucht haben, sind keine Gewässer aus Nordrhein-Westfalen Teil der Studie.
Auch für Deutschland ein Problem
Die umfangreiche Studie bestätigt bisherige Annahmen, dass die Wasserversorgung in Zukunft gefährdet sein könnte. Erst letztes Jahr hat eine Datenanalyse des Geoforschungszentrums Potsdam gezeigt, dass auch in Deutschland etwa 15 km³ Wasser in den vergangenen zwanzig Jahren verloren gegangen sind. Das entspricht drei mal dem Starnberger See.
In NRW schrumpfen Seen nicht - Wasser fehlt trotzdem
Laut dem Landesamt für Natur- und Umweltschutz, die für die Gewässer in NRW zuständig sind, ist das Schrumpfen von Seen hier kein Problem. Hier in NRW haben wir aber wie überall in Deutschland ein anderes Problem: Wegen der extremen Hitze und Dürren der letzten Jahre ist der Boden so vertrocknet in den tiefen Schichten, dass der Niederschlag nicht mehr bis ins Grundwasser kommt, sagt das Landesamt für Umwelt und Naturschutz. Viel fließt dann in Stauseen und Flüsse. Seen schrumpfen so vielleicht nicht – Wasser fehlt langfristig dadurch aber trotzdem.
Was NRW tun muss
Experteninnen und Experten befürchten eine drastische Verschlechterung der Wasserversorgung und Nutzungskonflikte zwischen Industrie, Landwirtschaft und Privathaushalten, auch hier in Deutschland, sollte der Trend sich fortführen. NRW-Umweltminister Oliver Krischer will NRW deswegen zukünftig besser aufstellen und vor allem an der Wasserinfrastruktur arbeiten. Zurzeit werde Wasser möglichst schnell weggebracht, sagte Krischer im WDR-Interview. "Das werden wir quasi umkehren müssen, damit das Wasser möglichst lange in der Fläche bleibt, damit es besser ins Grundwasser sickern kann und auch in Dürreperioden vorhanden ist."
Bewusstsein für Wasser soll steigen
Im März 2022 hat auch das Bundeskabinett die Gefahr erkannt und die nationale Wasserstrategie verabschiedet. Unter anderem soll auch das Bewusstsein der Gesellschaft für die Ressource Wasser steigen. Häufig werde Wasser nämlich auch sehr sorglos und selbstverständlich benutzt. Ein Beispiel: 30 Prozent des täglichen Wasserbedarfs geht für die Klospülung drauf, sagt das Bundesumweltamt.