Es ist ein alltägliches Verfahren: Wer etwas beantragt, etwa einen Kredit oder einen Vertrag beim Mobilfunkanbieter oder Energielieferanten, stimmt in den Vertragsunterlagen in der Regel einem Hintergrund-Check zu: Die Schufa ("Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung") gibt eine automatisch generierte Einschätzung der Kreditwürdigkeit ab, den sogenannten "Schufa Score".
Algorithmen ermitteln intransparent Kreditwürdigkeit
Je besser die durch Algorithmen ermittelte Kreditwürdigkeit ausfällt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für den Verbraucher, einen Kredit zu bekommen. Bei zu niedrigem Score gibt es meist keinen Kredit - oder auch schon mal keinen Mobilfunkvertrag, denn hier gehen die Anbieter auch ein Risiko ein und sind auf Bonität angewiesen.
Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Anwendung des umstrittenen Schufa-Scores zur Kreditwürdigkeit eingeschränkt: Unternehmen dürfen den Score zwar abrufen, aber nicht ausschließlich auf Grundlage dieses bislang intransparent ermittelten Scores entscheiden, ob sie mit Kunden Verträge abschließen. Laut Urteil der Richter ist das sogenannte "Scoring" nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
DSGVO untersagt "automatisierte Entscheidung"
Grund für die Einschränkung ist die DSGVO: Die EU-Richtlinie untersage grundsätzlich eine "automatisierte Entscheidung im Einzelfall", so das Urteil des Gerichtshofs. Gemeint ist damit, dass nicht Algorithmen entscheiden dürfen, ob ein Kredit genehmigt wird oder nicht. Diese Einzelfallprüfung muss vom Menschen im Einzelfall erfolgen und auch transparent sein. Der Schufa-Score darf bei der Beurteilung eine Rolle spielen, aber keine maßgebliche.
Die Verbraucherzentrale NRW sieht die Verbraucherrechte gestärkt: "Die Schufa muss Verbraucher von nun an Auskunft darüber geben, wie die Werte des Bonitäts-Scorings (Schufa-Score) zustande kommen."
Das Urteil des EuGH hat zur Folge, dass Verbraucher nun mehr Transparenz von der Schufa verlangen können und das Recht haben, zu erfahren, wie der Wert ihres Schufa-Scores zustande kommt. Die Schufa muss die Grundlage der automatisierten Entscheidung transparent machen.
Schufa begrüßt das Urteil
Die Schufa begrüßt das Urteil. Das Urteil sorge für Klarheit, wie und unter welchen Umständen die Scores in Entscheidungsprozessen im Sinne der DSGVO verwendet werden dürfen. Laut Schufa sei der Score für die Mehrheit der Unternehmen zwar wichtig, aber nicht entscheidend. Doch jetzt habe der Verbraucher in jedem Fall einen Anspruch auf Auskunft.
Bedeutet konkret: Verbraucher können bei der Schufa anfragen, auf welchen Daten basierend die Bonitätseinschätzungen erfolgen. Mehr Transparenz für Verbraucher. Auch Unternehmen müssen ihre Entscheidung erklären, da sie Entscheidungen nicht allein aufgrund des Scores durchführen dürfen.
Über den Autor
Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.