Ein Mann in Pflegerkittel

"Schichtdienst kennt keine Ferien": Neue Modelle für Pflegekräfte in Dortmund

Stand: 26.09.2023, 18:07 Uhr

Ein neues Arbeitszeitenmodell im Klinikum Westfalen in Dortmund bietet seinen Mitarbeitenden mehr Freizeit an. Gegen Gehaltsverzicht können sämtliche Schulferientage im Jahr frei genommen werden. Besonders für Pflegekräfte mit Kindern ist das attraktiv.

Von Nadia Aboulwafi

Dennis Greger ist zweifacher Vater und Pfleger im Klinikum Westfalen. Seine beiden Kinder, zehn und sechs Jahre alt, sind schulpflichtig. Auch seine Frau, Julia Greger, arbeitet als Pflegefachkraft in der gleichen onkologischen Station. Dennis und Julia Greger müssen ihre Woche vorplanen, denn beide arbeiten im Schichtdienst.

Der Schichtbetrieb bestimmt das Familienleben

Wenn Julia Greger eine Frühschicht hat, muss sie bereits um 4:30 Uhr aufstehen, damit sie um 6 Uhr auf der Arbeit ist. Ihr Mann, der in Gleitzeit arbeitet, steht erst kurz danach auf und macht die Kinder für die Schule fertig. Sie beide pendeln von Selm ca. 45 Minuten nach Dortmund zum Klinikum.

Wenn Julia Greger um kurz nach 14 Uhr Feierabend macht, ist sie gerade rechtzeitig für ihre Kinder um 16 Uhr zu Hause, die aus dem Ganztag kommen. Ihr Mann kann erst am Abend dazu kommen, falls er denn in Gleitzeit arbeitet. Wenn er in der Spätschicht arbeitet, startet sein Tag erst später und er wäre dann erst um 23 Uhr zu hause. So würde das Ehepaar aneinander vorbei leben.

Mehr Freizeit für die Familie

Dabei arbeitet die 38-Jährige bereits in 50 Prozent in Teilzeit. Das Ehepaar muss aber auch an Wochenenden und Feiertagen arbeiten. Denn "der Schichtdienst kennt keine Ferien", meint Dennis Greger. Daher war er anfangs skeptisch, als er von dem neuen Arbeitszeitmodell gehört hat. Das Angebot, jeden Schulferien-, Feier- und Brückentag frei zu bekommen, lässt ihn aber auf mehr Familienzeit hoffen. Das sind 64 Tage, die er mit seiner Familie verbringen kann.

13 Prozent weniger Gehalt

Dennis und Julia Greger haben sich dazu entschieden, dass sie sich auf das neue Arbeitszeitmodell bewirbt. Nur einer von ihnen kann sich auf das Gehaltsmodell bewerben, denn sonst wären das zu große finanzielle Einbußen für die Familie.

Auch Bianca Dresp aus Bergkamen will sich auf das neue Arbeitszeitmodell bewerben, um mehr Zeit mit ihrer Patchworkfamilie zu verbringen. Sie arbeitet seit 23 Jahren als Hebamme und hat erst seit Kurzem auf 80 Prozent in Teilzeit reduziert. Für sie ist klar:

"Die 13 Prozent sind eher das geringere Übel, weil man sonst auch Geldeinbußen hätte durch die Teilzeitarbeit. Viel wichtiger ist freie Zeit in den Ferien." Bianca Dresp, 46, Hebamme
Hebamme im Kreissaal

Die 46-jährige Hebamme schätzt dieses neue Angebot. Sie findet, dass sie dadurch auch als Frau anders wertgeschätzt wird.

Wanderurlaub in Österreich

Wie Bianca Dresp hofft auch Familie Greger auf eine entspanntere Ferienzeit. Bisher mussten beide Familien sich auf die Freizeitangebote der Schulen, auf Ganztagsschulen, Ferienfreizeiten oder auf die Großeltern verlassen. Im nächsten Jahr will die Familie Greger gerne einen Wanderurlaub in Österreich machen.

Die Ferienplanung wird deutlich stressfreier für uns und die Kinder. Dennis Greger, 38, Pflegefachkraft

Das Arbeitszeitmodell ist nicht nur für Familien

Mehr Zeit für Familie - das hätte sich auch Pflegedirektor Klaus Böckmann damals für seine Kinder gewünscht. Der Pflegedirektor pendelt zwischen Dortmund, seinem Arbeitsort, und Kerpen, wo seine Familie wohnt. Er kennt das Problem, was ihn auf die Idee des neuen Arbeitszeitmodells gebracht hat:

Ich habe zwei Kinder, die jetzt 17 und 19 Jahre alt sind. Für mich wäre das ein riesen Geschenk gewesen. Klaus Böckmann, 51, Pflegedirektor

Damit geht er nicht nur auf den Wunsch seiner Mitarbeitenden ein, sondern will auch in Zeiten des Fachkräftemangels Mitarbeitende halten und neue werben. Das besondere ist, dass das Arbeitszeitmodell nicht nur für Pflegekräfte gilt, sondern für alle, die im Klinikum Westfalen arbeiten, mit oder ohne Kinder.

Das heißt: auch Mitarbeitende in der Verwaltung oder Ärzte können sich bewerben und auf ein Jahr doppelt so viele freie Tage hoffen. Soziale Kriterien und die Gewährleistung des fortlaufenden Betriebes werden dann entscheiden, wer und wie viele Mitarbeitende im nächsten Jahr das neue Arbeitsmodell ausprobieren dürfen.