Arderns "Tank" ist leer - was gegen Erschöpfung hilft

Stand: 19.01.2023, 18:03 Uhr

Die neuseeländische Premierministerin Ardern gibt ihr Amt auf. Ihr fehle dafür die nötige Energie. Das kennen manche von uns auch aus dem Alltag. Was wir dann tun können.

Unter Tränen hat Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern am Donnerstag ihren Rücktritt angekündigt. Bis spätestens 7. Februar werde sie ihr Amt aufgeben, sagte die 42-Jährige. "Ich weiß, was man für diesen Job braucht, und ich weiß, dass ich nicht mehr genug im Tank habe." Mehrmals brach ihr die Stimme weg. "Wir alle geben, solange wir geben können, und dann ist es vorbei. Und für mich ist es nun an der Zeit."

In ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit fielen die rechtsextremistischen Terroranschläge auf zwei Moscheen in Christchurch, ein Vulkanausbruch mit vielen Toten und die Corona-Pandemie. Als im Juni 2018 ihre Tochter Neve zur Welt kommt, ist sie die erste Regierungschefin seit Jahrzehnten, die während ihrer Amtszeit Mutter wird.

Mehr Zeit fürs Private

Jacina Ardern machte auch nie einen Hehl daraus, dass es schwierig ist, Politik und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Nun zieht sie die Konsequenzen: Ihrer vierjährigen Tochter Neve habe sie gesagt, sie werde dieses Jahr bei ihrer Einschulung dabei sein. Auch sei es an der Zeit, ihren langjährigen Partner Clarke Gayford zu heiraten.

Überlastung, fehlende Energie, Erschöpfung - das kennen nicht nur Menschen, die in der Spitzenpolitik unterwegs sind. Herausfordernde und belastende Situationen erleben viele. In diesem Zusammenhang ist auch oft von Burnout ("ausbrennen") die Rede. Für diesen Begriff gibt es allerdings keine einheitliche Definition.

Bei Verdacht Arzt aufsuchen

Grob gesagt umschreibt der Begriff Burnout den Zustand einer weitgehenden körperlichen und geistigen Erschöpfung. Die AOK zählte - nach Angaben von Statista - im Jahr 2021 durchschnittlich 141,8 Arbeitsunfähigkeitstage je 1.000 Mitglieder aufgrund einer Burnout-Diagnose. Damit sei das burnout-bedingte Arbeitsunfähigkeitsvolumen im vergangenen Jahrzehnt um knapp 50 Prozent angestiegen.

Hochgerechnet auf alle gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten spricht Statista demnach für 2021 von rund 194.000 Burnout-Betroffenen und 4,8 Millionen Krankheitstagen. Zu den Beschwerden, die zu einer Burnout-Diagnose führen können, gehören unter anderem anhaltende Müdigkeit, innere Leere, Ängste oder Konzentrationsstörungen.

Grafik zu den möglichen Anzeichen eines Burnouts: Erschöpfung, Entfremdung von der eigenen Tätigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit (Quelle: AOK-Gesundheitsmagazin)

Da ein Burnout aber keine klar definierte Krankheit ist, gibt es auch keine genauen Diagnosekriterien. Wer bei sich mögliche Anzeichen bemerkt, die über Wochen oder Monate anhalten, sollte zum Hausarzt gehen. Dann kann im Gespräch geklärt werden, wie die Beschwerden einzuschätzen sind.

Emotionale Bindungen schützen

Vor einem Burnout schützen offenbar vor allem emotionale Bindungen zu anderen Menschen. "Im Rückblick schauen oftmals jene Menschen zufrieden auf ihr Leben zurück, die sich für die Dinge eingesetzt haben, die ihnen persönlich etwas wert sind", sagte der Psychologe Timo Schiele von der Psychosomatischen Klinik Kloster Dießen am Ammersee dem "Tagesspiegel" Anfang Januar.

Es gehe darum, "Entscheidungsfreiheit zu haben, statt nur ein getriebener Mensch zu sein. Es ist wichtig, die Ketten, die einen fesseln, zu sprengen." Der Stress von Menschen mit bis zu 80 Arbeitsstunden wöchentlich komme zwar zum Teil aus der Umwelt, zum Teil aber auch aus ihnen selbst. "Sie haben sich selbst Vorgaben gemacht, mit denen sie sich in ein Korsett hineingezwängt haben", so Schiele.

Persönliche Kompassnadel ausrichten

Autogenes Training und andere Achtsamkeitsübungen genügten in so einem Fall nicht, um aus diesem Korsett auszubrechen und um die Sichtweise von sich selbst als Maschine aufzugeben. "Der Mensch ist keine Maschine und auch nicht dafür geboren, eine zu sein."

Ratsam sei deshalb, "immer wieder seine persönliche Kompassnadel zu justieren und im Blick zu behalten". Im Trubel des Alltags "geht dieser Kompass manches Mal verloren und Menschen wenden viel Energie für Dinge auf, die sie in einem ruhigen Moment eigentlich nicht als wichtig einordnen würden."

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