Kölner Karnevalsmord - Zeuge mit konfuser Aussage 

Stand: 18.09.2023, 16:55 Uhr

Sie war mit Spannung erwartet worden. Doch die Aussage des Hauptbelastungszeugen vor dem Kölner Landgericht in dem spektakulären Prozess um den Tod einer Frau vor 35 Jahren gibt Rätsel auf. Der Zeuge kann sich an vieles nicht mehr erinnern.

Belastend scheint seine Aussage nicht mehr zu sein. Mehr als vier Stunden befragt allein die vorsitzende Richterin den 54 Jahre alten Mann. Der Zeuge hatte sich im vergangenen Dezember im Zusammenhang mit der Ausstrahlung der Sendung "Aktenzeichen XY" gemeldet. Der Fall der getöteten Petra Nohl am 14. Februar 1988, der in der Sendung rekonstruiert wurde, hat den Zeugen, wie der selbst sagt,  nie wirklich losgelassen. Immer wieder sagt er, habe er das Gefühl gehabt, "dass er etwas damit zu tun hatte." Mit "er" ist sein ehemaliger Bekannter gemeint, der nun der Angeklagte in dem Verfahren ist. Der Zeuge hatte nach der Sendung XY der Kölner Polizei den Namen des Bekannten gegeben, der daraufhin festgenommen wurde. 

"Mit der Polizei spricht man anders als mit Freunden"

Der Zeuge hatte nach der Aktenzeichen Sendung seinen Bekannten belastet, indem er nach Angaben der Polizei gesagt haben soll, dass in der Tatnacht dieser dem späteren Opfer gefolgt sei. In der Aussage vor dem Kölner Landgericht gab er an, dass er nicht mehr sagen könne, ob der Bekannte der Frau gezielt gefolgt sei. Man habe sich in der Nacht getrennt, und der Bekannte sei allein in eine bestimmte Richtung gelaufen, ob der Frau hinterher, könne er heute nicht mehr sagen.

Gemeinsame kriminelle Vergangenheit

Der Zeuge und der Angeklagte kennen sich seit Jahrzehnten. Laut Kölner Landgericht verbindet sie eine gemeinsame Zeit, in der sie Straftaten begangen haben. Der Zeuge bezeichnete sich als "Spannmann" des Angeklagten. Es ging dabei zum Beispiel um PKW-Aufbrüche. Diese Phase sei dann irgendwann vorbei gewesen. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin, warum er erst zur Ausstrahlung der Aktenzeichen-Sendung im vergangenen Dezember sich der Polizei anvertraut hatte, sagte er, dass es Zeit wurde, sich mitzuteilen. Die Frau habe ihm leid getan, ihr Schicksal habe ihn lange bedrückt, ohne die Aktenzeichen-Sendung hätte er sich gar nicht gemeldet. 

 Unterschiedliche Aussagen

In den vergangenen Monaten hatte sich der Zeuge offenbar unterschiedlich geäussert. In den Polizeivernehmungen soll er immer wieder gesagt haben, dass der jetzige Angeklagte nicht gezielt der Frau gefolgt sei. Der Zeuge ließ anklingen, dass die Polizei diese Aussagen offenbar zugespitzt hätte. Die Polizei hatte den Zeugen per Telefonüberwachung überprüft. Aus den vorliegenden Protokollen ergibt sich, dass er gegenüber Freunden und seiner Schwester konkreter über die Tatnacht sprach.  Es sei doch so, dass man mit der Polizei oder dem Gericht anders spreche, als mit Bekannten, gibt er im Zeugenstand als Begründung an. "Es geht um zu viel!" 

Anwälte fordern Entlassung aus U-Haft

Wegen der aus Sicht der Verteidigung nicht belastenden Aussage haben die Anwälte des Angeklagten am Nachmittag die Entlassung des 56-Jährigen Angeklagten aus der U-Haft gefordert. Eine Entscheidung dazu gibt es noch nicht. Neben der Zeugenaussage fußt die Anklage noch auf einer DNA-Spur des Angeklagten, die an der Kleidung der toten Frau gefunden wurde.