Pflichtverletzungen von Woelki? Kirchenrechtler kritisiert Kölner Erzbischof

Stand: 26.09.2022, 19:15 Uhr

Das vergangene Woche aufgetauchte Schreiben Kardinal Woelkis zu mutmaßlichen Vergehen eines Pfarrers wirft weitere Fragen auf. Ein Missbrauchsgutachten stellte vorab fest: Es gebe keine Pflichtverletzungen durch Woelki. Kirchenrechtler Schüller sieht das anders.

Von Markus Schmitz

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Universität Münster kommt nach dem Bekanntwerden eines Schreibens aus dem Jahr 2018 zu einem neuen Ergebnis. In dem Brief listet Woelki mehrere mutmaßliche Vergehen des Pfarrers D. aus Düsseldorf auf. Dieses Schreiben schickte Woelki im November 2018 nach Rom, nicht aber an die zuständige Staatsanwaltschaft. Darin sieht der renommierte Kirchenrechtler Schüller eine von zwei Pflichtverletzungen.

Als zweiten Grund nennt Schüller, dass Woelki gegen die Fürsorgepflicht verstoßen habe. "Wir wissen, dass Pfarrer D. wohl ein Langzeittäter ist und da stellt sich die Frage, wenn er der Glaubenskongregation diese schlimmen Sachverhalte mitteilt, warum er ihn dann noch drei Jahre im Dienst hält, ohne augenscheinliche Einschränkung in der Seelsorge?" Schüller weiter: "Das bedeutet, er hat bei einem Langzeittäter die Möglichkeit geschaffen, dass er noch für drei Jahre möglicherweise andere und Kinder und Jugendliche belästigt." 

Woelki suspendiert am Tag des Gutachtens Würdenträger

Im März 2021 veröffentlichte das Erzbistum das Gutachten einer Rechtsanwaltskanzlei zu sexuellem Missbrauch. Es war ein mit Spannung erwarteter Tag. Eine große Frage an dem Tag ist, ob auch gegen Kardinal Woelki Pflichtverletzungen festgestellt wurden. Es fallen in diesem Zusammenhang allerdings andere Namen, wie die der verstorbenen Kardinale Meisner oder Höffner. Woelki verkündet noch am selben Tag, dass er Offizial Günter Assenmacher und Weihbischof Dominik Schwaderlapp wegen Pflichtverletzungen vorläufig suspendieren werde.

Der Name des amtierenden Kardinals ist nicht dabei. Jetzt steht dieser Tag im vergangenen Jahr in einem anderen Licht.

Weitere Ermittlungen möglich

Der Kirchenrechtler Schüller regt nun weitere Ermittlungen gegen Woelki an. Das müsse der älteste Bischof in der Kölner Kirchenprovinz anstreben.

Die Verfasser des Gutachtens hatten den Auftrag, bis einschließlich 2018 die Unterlagen des Bistums zu prüfen. Tatsächlich ist der Fall auch niedergeschrieben. Mehr sagte heute der Anwalt Professor Björn Gercke gegenüber dem WDR nicht dazu.

Das Kölner Erzbistum ist nach wie vor der Ansicht, dass es "keine Pflichtverletzungen" Kardinal Woelkis gegeben habe. Auf WDR-Anfrage antwortete die Pressestelle, dass es auch keinen Bedarf gebe, weitere Nachforschungen anzustellen.