"Wir werden weltoffen bleiben. Wir werden auch wieder zur Lebendigkeit zurückfinden. Wir werden eines Tages auch wieder feiern können." Diese Worte sagte Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) am Sonntag zu Beginn der Trauerfeier im Solinger Theater- und Konzerthaus.
Das zu sagen, erfordere in diesem Moment Mut. In Richtung der zur Trauerfeier angereisten Bundes- und Landespolitikerinnen und -politiker sagte Kurzbach: "Kommen Sie wieder zu uns, wenn wir nachholen, was ein Terrorist uns nehmen wollte." Solingen werde sich niemals dem Terrorismus beugen.
Steinmeier: Staat hat Versprechen nicht ganz eingehalten
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in seiner anschließenden Rede, der Staat habe sein Versprechen auf Schutz und Sicherheit nicht vollständig einhalten können. Deshalb müsse der Staat nun mögliche Versäumnisse aufklären.
Deutschland sei ein Land, das vor politischer Verfolgung und Krieg flüchtenden Menschen, Schutz biete und Asyl gewähre. "Wir wollen dieses Land bleiben und wir könnes es am Ende doch nur bleiben, wenn uns die Zahl derer ohne Anspruch auf besonderen Schutz nicht überfordert." Den Solingern versicherte Steinmeier: "Wir stehen in Trauer vereint an der Seite der Menschen, die so Furchtbares erlitten haben, ihr Schmerz ist unser Schmerz."
Wüst: "Eine Zeit vor und nach Solingen"
"Alle drei Getöteten hinterlassen Lücken, die sich nie mehr schließen lassen", so formulierte es NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in seiner Ansprache. Dann richtete er seinen Dank an die Ersthelferinnen und Ersthelfer. Sie hätten gehandelt, ohne zu wissen, ob der oder die Täter noch anwesend seien, ob sie sich selbst in Gefahr begeben.
Wüste sagte: "Es gibt solche Momente in einer Gesellschaft die trennen: in eine Zeit vorher und eine Zeit nachher. Vor Solingen und nach Solingen."
Besuch am Tatort
Gegen 12.10 Uhr endete die Trauerfeier im Konzerthaus, an der auch die Bevölkerung teilnehmen konnte. 250 Tickets waren dafür verfügbar gewesen. Bundeskanzler Olaf Scholz lief anschließend mit viel Personenschutz zu Fuß vom Theater zum Fronhof.
Auch Ministerin Josefine Paul (Grüne), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trafen am Fronhof ein, um gemeinsam der Opfer zu gedenken. Etwa 200 Menschen hatten sich dort versammelt. Steinmeier richtete am Ort der tödlichen Messerattacke die Schleife am Kranz. Aus der Menge gab es Applaus für die Rettungskräfte. Einige Politiker suchten das Gespräch mit den Solinger Bürgern.
Kirchen-Glocken läuteten
Zum Gedenken auf dem Platz in der Innenstadt gehört auch ein Glockengeläut in der evangelischen Stadtkirche, die die Stirnseite des Fronhofs bildet. Schon am Freitag hatten sich dort viele Solinger zu einer Schweigeminute getroffen - genau um 21:37 Uhr, also dem Zeitpunkt, als der Messerangriff auf dem "Festival der Vielfalt" zum 650. Stadtjubiläum begann. Am Samstag waren mehrere Solidaritätsdemonstrationen durch Solingen gezogen.
Bundeskanzler Scholz hatte den Fronhof bereits am Montag besucht, zusammen mit Ministerpräsident Wüst und dem Solinger Oberbürgermeister. Enttäuschend allerdings für viele Solinger, die aus diesem Anlass dorthin gekommen waren: Die Rede des Bundeskanzlers war nur für Medienvertreter gut zu verstehen und wurde nicht per Lautsprecher übertragen.
Unsere Quellen:
- Stadt Solingen
- WDR-Reporter vor Ort