"Sie wissen, dass Sie hier nicht fahren dürfen?" Der Autofahrer in seinem schwarzen PKW schüttelt den Kopf: "Ne, das weiß ich nicht ...". Er steht mit seinem Wagen ahnungslos auf der neu markierten Fahrbahn – rot markiert und eigentlich nur für Fahrräder gedacht.
Wie diesem Mann geht es offenbar vielen Autofahrern an der Kreuzung Löhergraben, Ecke Jakobstraße. Einer nach dem anderen missachtet hier die neuen Verkehrsregeln. Viele fahren verbotenerweise auf der Radspur, biegen falsch ab oder fahren trotz Durchfahrtsverbot einfach geradeaus. Kurz: An der Kreuzung fährt fast jeder nach den alten Regeln.
Fahrräder haben jetzt Vorrang
Dieser Teil des Innenstadtrings ist im Rahmen des Aachener Konzepts “Innenstadtmobilität für morgen” vor Kurzem umgebaut worden. Weniger Autos, mehr Fahrräder – die rot-grüne Koalition will, dass der Innenstadtverkehr klimafreundlicher wird. Neu sind sogenannte “Fahrrad-Vorrangstraßen”. Diese breiten, rot markierten Fahrradwege sollen Radfahrern mehr Platz und Sicherheit im Straßenverkehr bieten.
Aber auch bei der Zielgruppe selbst herrscht scheinbar noch Unklarheit: "Es wird nicht so richtig klar, dass das hier nur ein Radweg ist", meint ein Student und fährt mit seinem Rad ganz weit rechts auf der Radspur.
Durchfahrt für Autos nicht mehr möglich
Die Verwaltung will den Durchgangsverkehr auf dem Grabenring, der um die Innenstadt führt, zusätzlich reduzieren. Deswegen dürfen Autos, die vom Löhergraben kommen, an der Kreuzung nur noch links abbiegen. Vom Karlsgraben kommend, geht es nur noch rechtsrum.
Eine Durchfahrt auf dem Grabenring ist jetzt nicht mehr möglich. "Ich fahre trotzdem einfach geradeaus”, meint eine Autofahrerin verärgert. "Sonst muss ich einen großen Umweg fahren.”
Opposition kritisiert: Mehr CO² durch Umwege
Die CDU in der Opposition hält die Durchfahrtsverbote für eine schlechte Lösung. Wenn die Leute Umwege fahren müssten, erhöhe sich der CO2-Ausstoß, meint Iris Lürken von der CDU. "Das Chaos auf dem Grabenring ist ein gutes Beispiel, wie man es nicht machen sollte". Die CDU fordert daher ein besseres Konzept für eine grüne Verkehrswende, um Autofahrer mehr zu berücksichtigen.
Radverkehr hat sich verdoppelt
Für Ralf Oswald vom Radentscheid Aachen ist das Konzept der Stadt trotz Start-Schwierigkeiten der richtige Weg für eine attraktivere und lebenswertere Innenstadt. “Viele ältere Menschen oder Familien mit Kindern wollen Rad fahren, trauen sich aber nicht, weil es zu gefährlich ist.” Wenn es bessere Radwege gibt, steigen viele Menschen automatisch auf das Rad um, meint er.
Einen positiven Effekt auf dem Grabenring bestätigt die Verwaltung der Stadt. Der Radverkehr im betroffenen Abschnitt auf dem Stadtring habe sich verdoppelt.
Kleine Nachbesserungen sollen Chaos beseitigen
Um die neue Verkehrsführung eindeutiger zu machen, will die Verwaltung der Stadt nachbessern: Sie will Verkehrszeichen mit vorgeschriebener Fahrtrichtung anbringen und irreführende Markierungen bis Ende November entfernen. Im nächsten Jahr sollen laut Stadt dann weitere Maßnahmen für den Radverkehr umgesetzt werden.
Unsere Quellen:
- WDR Reporterin vor Ort
- Stadt Aachen
- CDU Aachen
- Autofahrer in Aachen
- Radfahrer in Aachen